Was den Tastsinn mit unseren Temperaturempfindungen verbindet

© Agustín Ruiz. CC BY 2.0

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Wie nehmen unsere Rezeptoren auf der Haut wahr, ob etwas, das wir berühren warm oder kalt ist? Und wie verarbeitet unser Gehirn diese Sinneswahrnehmungen zu einer Temperaturempfindung? Wissenschaftler sind jetzt der Antwort auf diese Fragen näher gekommen: Sie konnten zeigen, dass haptische Reize und Temperaturunterschiede in der gleichen Gehirnregion verarbeitet werden.

Überall in unserem Körper und auf unserer Haut befinden sich Thermorezeptoren die Temperaturen erfassen können. Sie informieren unser Gehirn über die Temperaturverhältnisse in unserem Körpers und der Außenwelt. Bereits seit längerem diskutieren Wissenschaftler darüber, in welchem Bereich des Gehirns diese Informationen schließlich zusammenlaufen und wie daraus Empfindungen entstehen. Von Experimenten über Sinnestäuschungen weiß man, dass das unser Temperaturempfinden eng mit unserer haptischen Wahrnehmung verbunden ist. So erscheint uns etwa eine kalte Münze, die in unserer Hand liegt, schwerer als eine warme. Bisher war jedoch noch nicht klar, wie dieser Effekt zustande kommt.

Das Forscherteam um James Poulet, aus Neurowissenschaftlern am Exzellenzcluster NeuroCure der Charité in Berlin und am Max-Delbrück-Centrum, konnte mit Verhaltensexperimenten beweisen, dass die Temperaturempfindungen bei Mäusen denen bei uns Menschen gleichen. Bei diesen Tieren konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sowohl die Temperaturwahrnehmung, als auch die vom gleichen Objekt über die haptische Wahrnehmung gewonnenen Sinneseindrücke in derselben Hirnregion, dem sogenannten primären somatosensorischen Cortex, verarbeitet werden.

Die Ergebnisse waren für die Wissenschaftler überraschend, da diese Gehirnregion dafür bekannt ist, Sinneswahrnehmungen von Berührungen zu verarbeiten, nicht aber Temperaturwahrnehmungen. In einem weiteren Experiment untersuchten die Forscher Nervenzellen der Haut und fanden heraus, dass Zellen, die bislang als reine Schmerzrezeptoren galten, auch dazu in der Lage sind nicht schmerzhafte Temperaturreize wahrzunehmen. Das erklärt, wie die starke Schmerzwahrnehmung entstehen kann, die mit vielen neurologischen Störungen einhergeht. Weiter zeigten die Forscher, dass Mäuse, denen auf ihren Hautnervenzellen ein bestimmter Rezeptor fehlte, eine Abkühlung nicht mehr wahrnehmen konnten. Die Forschungsergebnisse erklären, wie unser Gehirn die über ein Objekt eingehenden Sinneswahrnehmungen integriert und so eine einheitliche Wahrnehmung dieses Objekts ermöglicht – eine der grundlegensten Aufgaben unseres Großhirns.

Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin Berlin-Buch (MDC), 04.11.2014

 

Originalpublikation:

Milenkovic N, Zhao WJ, Walcher J, Albert T, Siemens J, Lewin GR, Poulet JF. A somatosensory circuit for cooling perception in mice. Nat Neurosci. 2014 Nov;17(11):1560-6. doi: 10.1038/nn.3828. Epub 2014 Sep 28.

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