Schlank trotz kalorienreicher, fettlastiger Ernährung

Kit-Defekt schützt Mäuse vor Fettleibigkeit. © Wikimedia Commons. public domain.

Kit-Defekt schützt Mäuse vor Fettleibigkeit. © Wikimedia Commons. public domain.

Wissenschaftler haben bei Mäusen ein Enzym identifiziert, das bei der Entstehung von Fettleibigkeit und den damit verbundenen Stoffwechselentgleisungen, wie etwa Typ2-Diabetes beteiligt ist. Schalteten die Forscher das Enzym aus, so nahmen die Tiere trotz fettlastiger, kalorienreicher Ernährung nicht zu und entwickelten keinen Diabetes. Bislang gibt es allerdings erst wenige Hinweise darauf, dass dieser Mechanismus auch beim Menschen eine Rolle spielt.

Stoffwechselexperten sind zunehmend davon überzeugt, dass schweres Übergewicht und viele seiner krankhaften Folgen, etwa Typ2-Diabetes, eine Folge chronisch-entzündlicher Prozesse im Fettgewebe sind. Im Fettgewebe von krankhaft Übergewichtigen kommen fast alle Arten von Immun- und Entzündungszellen in gehäufter Zahl vor.

„Zwar gehen wir grundsätzlich davon aus, dass Immunzellen zu den krankhaften Folgen der Adipositas beitragen“, sagt Hans-Reimer Rodewald vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Doch welche Prozesse sich bei der Stoffwechselentgleisung genau abspielen, ist bis heute wenig verstanden.“ Rodewalds Arbeitsgruppe gelang nun ein erster Schritt, um diese Frage zu klären: Die Forscher identifizierten ein Enzym der Immunzellen, das für die krankhaften Vorgänge erforderlich ist.

Das Enzym Tyrosinkinase Kit ist an der Entwicklung von Blut- und Immunzellen sowie auch von Stammzellen beteiligt. Dario Gutierrez verglich Mäuse mit funktionsfähigem Kit mit Artgenossen, bei denen das Enzym ausgeschaltet war.

Setzten die Forscher alle Tiere auf eine fettlastige Diät, so waren die Mäuse mit Kit-Defekt vor Adipositas und Insulin-Resistenz geschützt. Die Mäuse mit funktionierendem Kit nahmen dagegen an Gewicht zu und erlitten die damit verbundenen Stoffwechselstörungen.

Kit spielt neben seinen Funktionen in Immunzellen auch bei vielen Immunsystem-unabhängige Prozessen eine Rolle. So reguliert es etwa auch die Leberfunktion und wirkt auf das zentrale Nervensystem oder auf die Insulinausschüttung. Verantwortlich für die Adipositas und die daraus resultierenden Stoffwechselentgleisungen sind jedoch die Kit-tragenden Immunzellen, und nicht die Immunsystem-unabhängigen Effekte, wie die Forscher in weiteren Experimenten zeigen konnten. „Jetzt kennen wir das Schlüsselmolekül für die krankhafte Entwicklung, müssen aber noch herausfinden, welche der vielen verschiedenen Zellarten des Immunsystems tatsächlich beteiligt sind“, sagt Hans-Reimer Rodewald.

Das Enzym Kit gehört zur großen Familie der Rezeptor-Tyrosinkinasen, die bereits heute das Ziel hochspezifischer Hemmstoffe sind. Solche als Kinase-Inhibitoren bezeichneten Medikamente bremsen das Zellwachstum verschiedener Krebsarten. So wird etwa Imatinib zur Behandlung bestimmter Leukämien (CML) und Tumoren des Verdauungstrakts (GIST) eingesetzt. „Interessanterweise gibt es einen Bericht über einen Krebspatienten, bei dem sich ein Typ2 Diabetes unter Behandlung mit Imatinib zurückentwickelte. Dieser Befund spricht dafür, dass es auch beim Menschen eine Verbindung zwischen Kit und dem metabolischen Syndrom geben könnte“, vermutet Hans-Reimer Rodewald.

Deutsches Krebsforschungszentrum, 08.06.2015

 

Originalpublikation:

Dario A. Gutierrez, Sathya Muralidhar, Thorsten B. Feyerabend, Stephan Herzig und Hans-Reimer Rodewald: Hematopoietic Kit deficiency, rather than lack of mast cells, protects mice from obesity and insulin resistance. Cell Metabolism 2015, DOI: 10.1016/j.cmet.2015.04.013

 

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