Zellen entpuppen sich als unfreiwillige Helfer von Viren

Computergraphik eines Adenovirus. © public domain.

Computergraphik eines Adenovirus. © public domain.

Adenoviren sind für zahlreiche menschliche Krankheiten verantwortlich. Meist verursachen sie Atemwegserkrankungen, die von einer einfachen Erkältung über eine akute Bronchitis bis zur Lungenentzündung reiche können. Manche Adenoviren lösen jedoch auch Magen-Darm-Entzündungen, Binde- und Hornhautentzündungen, Blasenentzündungen und Durchfälle aus. Forscher haben nun entschlüsselt, wie es den Viren gelingt in die Zellen einzudringen und auf diese Weise Krankheiten auslösen. Zur Überraschung der Forscher leisten ihnen dabei die Zellen ungewollte Hilfe: Die Viren beschädigen die Membranen der Zellen geringfügig, was diese zu einer Reparatur veranlasst, bei der sie bestimmte Fette bereitstellen. Diese nutzen die Adenoviren dann dazu die Zellmembran zu überqueren.

Eine intakte Zellmembran ist für Zellen lebensnotwendig. Wird die Zellmembran auch nur geringfügig beschädigt, so entstehen kleine Poren. Durch sie kann die Zelle ihre wertvollen Inhaltsstoffe verlieren. Deshalb muss sie die Membranwunden so schnell wie möglich repariert. Wenn menschliche Adenoviren in eine Zelle eindringen wollen verursachen sie zuerst kleine Poren in der Zellmembran, wie Zellbiologen um Urs Greber von der Universität Zürich entdeckt haben. Diese Poren sind zwar zu klein, um dem Virus direkten Zugang zu der Zelle zu verschaffen. Doch sie sind groß genug, um von der Zelle als potentielle Leckstelle erkannt und binnen Sekunden repariert zu werden. Genau diesen Reparaturmechanismus der Zelle nützt das Adenovirus aus, um in die Zelle zu gelangen.

Bestimmte Fettmoleküle unterstützen das Eindringen des Virus

Bei dieser Reparatur entstehen bestimmte Fette, die sogenannten Ceramid-Lipide, die es dem Virus ermöglichen, schneller in die Zelle einzudringen. Denn Ceramid-Lipide fördern eine Krümmung der Membran, wodurch sich Endosomen bilden. Das sind kleine Fettbläschen, die von der Zellmembran ins Innere der Zelle abknospen und das Virus dabei umschließen. Sobald das Virus über das Endosom im Inneren der Zelle angekommen ist vergrößert es die Membranwunden mit Hilfe der Ceramid-Lipide so, dass es dieses wieder verlassen kann. Auf diese Weise dringt es in die Zelle ein und programmiert den Zellkern dazu um Virenpartikel herzustellen. Die fertigen neuen Viren infiziert dann weitere Zellen. «Es ist uns gelungen, bestimmte zelluläre Lipide als wichtige Komponenten für den Virus-Eintritt in die Zelle zu identifizieren, was überraschend ist, weil Lipide zwar vielfältige und wichtige Rollen in der Biologie spielen, aber schwierig zu erfassen sind», erklärt Stefania Luisoni.

Die positive Rückkopplung zwischen der vom Virus ausgelösten Porenbildung in der Zellmembran und der zellulären Reparatur liefert endlich eine Erklärung, warum Adenoviren so erfolgreich sind. Darüber hinaus haben die Forscher einen neuen Hemmstoff gegen die von ihnen untersuchten Adenoviren entdeckt. Diese Substanz hemmt das Protein lysosomale saure Sphingomyelinase, das die Ceramid-Lipide bildet. Sie könnte möglicherweise zur Entwicklung einer Therapie gegen die Viruserkrankungen genutzt werden.

Universität Zürich, 09.07.2015

 

Originalpublikation:

Stefania Luisoni, Maarit Suomalainen, Karin Boucke, Lukas B. Tanner, Markus R. Wenk, Xue Li Guan, Michal Grzybek, Ünal Coskun, Urs F. Greber. Co-option of Membrane Wounding Enables Virus Penetration into Cells. Cell Host & Microbe, July 8, 2015. doi: 10.1016/j.chom.2015.06.006

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