Warum der Staub auf dem Bauernhof vor Asthma schützen könnte

© Maasaak. CC BY-SA 4.0.

Kinder, die auf einem Bauernhof mit Rinderhaltung aufwachsen sind vor Asthma weitgehend geschützt. Das könnte an dem mit Bakterienfragmenten versetzen Staub im Kuhstall liegen. © Maasaak. CC BY-SA 4.0.

Wer viel im Kuhstall spielt, schützt sich aktiv vor Asthma und Allergien. Dieser Bauernhof-Effekt wurde bereits in mehreren Studien nachgewiesen. Nun haben Forscher möglicherweise herausgefunden, wie dieser Effekt zustande kommt: Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, atmen mit dem Staub im Kuhstall besonders viele Zellwand-Bestandteile verschiedener Bakterien ein. Darunter befinden sich sogenannte Endotoxine, die die Immunabwehr anregen und die Kinder so später möglicherweise vor Fehlreaktionen des Immunsystems schützen. Dabei kommt dem Enzym A20 in der Schleimhaut der Atemwege eine entscheidende Bedeutung zu.

Allergisches Asthma entsteht durch ein komplexes Zusammenwirken von genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen. Dabei wird das Immunsystem durch eingeatmete Allergene, wie etwa Hausstaubmilben aktiviert, was eine Kettenreaktion in Gang setzt, die schließlich zu einer chronischen Entzündungen in den Atemwegen führt. Wie die Forscher nun am Mausmodell zeigen konnten, könnten die im Stallstaub enthaltenen Endotoxine vor allergischen Reaktionen schützen, indem sie das Enzym A20 in der Schleimhaut der Atemwege stimulieren. A20 hemmt einen für die Immunreaktion entscheidenden Transkriptionsfaktor und stoppt so die Entzündungsreaktion. Ist A20 dagegen nicht vorhanden, so funktioniert auch dieser Schutz nicht mehr: Mäuse, denen das Enzym in der Atemwegsschleimhaut fehlt, entwickeln Asthma-Symptome sobald sie allergieauslösenden Faktoren ausgesetzt sind selbst wenn sie täglich Endotoxin- bzw. Stallstaub einatmeten. Das war bei Mäusen, die ein funktionstüchtiges A20 Enzym besaßen nicht der Fall. Darüber hinaus entwickelten die Mäuse denen A2ß fehlte besonders leicht Allergien.

Genvarinate beeinflusst Asthma-Schutz

Versuche mit humanen bronchialen Epithelzellen ergaben, dass A20 auch beim Menschen eine Rolle spielt: Nach der Stimulation mit Endotoxinen enthielten die Zellen gesunder Kontrollpersonen mehr A20 als die Zellen von Asthma-Patienten. A20 wird beim Menschen von dem Gen TNFAIP3 codiert, von dem bekannt ist, dass es in mehreren genetischen Variationen, sogenannten SNPs, vorkommt. Erika von Mutius‘ Team, Leiterin der Asthma- und Allergieambulanz am Dr. von Haunerschen Kinderspital in München, klärte im Rahmen der internationalen Studie die Frage, ob es für den Asthma-Schutz von Bauernkindern auch eine genetische Komponente gibt. „Mithilfe von Daten aus früheren Studien konnten wir nun tatsächlich zeigen, dass eine bestimmte TNFAIP3-Variante das Risiko für Asthma und Allergien erhöht“, sagt von Mutius. Und nicht nur das: Je nachdem, welche Mutation vorliegt, funktioniert der Endotoxin-Schutz besser oder schlechter. Bei einer Variante kann Asthma durch Endotoxine fast vollständig unterdrückt werden, während bei der anderen der Schutz nur noch zu etwa 30 Prozent funktioniert.

„Diese Ergebnisse sind ein riesiger Fortschritt für das Verständnis der Schutzfunktion von Bauernhofexposition und Endotoxinen“, betont von Mutius. Die Ergebnisse könnten auch zur Entwicklung einer neuen Therapien gegen Asthma dienen: Möglicherweise könnten Medikamente, die A20 aktivieren, dabei helfen, überschießende Immunreaktionen zu bremsen.

Ludwig-Maximilians-Universität München, 04.09.2015

 

Originalpublikation:

Martijn J. Schuijs, Monique A. Willart, Karl Vergote, Delphine Gras, Kim Deswarte, Markus J. Ege, Filipe Branco Madeira, Rudi Beyaert, Geert van Loo, Franz Bracher, Erika von Mutius, Pascal Chanez, Bart N. Lambrecht, Hamida Hammad. Farm dust and endotoxin protect against allergy through A20 induction in lung epithelial cells. Science 4 September 2015: Vol. 349 no. 6252 pp. 1106-1110 DOI: 10.1126/science.aac6623

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