Was Sprache und Musik gemeinsam haben

Das Broca-Areal im Gehirn ist schon lange als wesentlicher Teil des Sprachzentrums bekannt. Es spielt aber auch für die Verarbeitung von Musik eine wichtige Rolle. © MPI für Psycholinguistik

Das Broca-Areal im Gehirn ist schon lange als wesentlicher Teil des Sprachzentrums bekannt. Es spielt aber auch für die Verarbeitung von Musik eine wichtige Rolle.
© MPI für Psycholinguistik

Wenn wir ein Buch lesen und gleichzeitig dabei Musik hören, kann unser Gehirn die beiden Aufgaben nicht richtig voneinander trennen. Vielmehr ist das Broca-Areal damit beschäftigt beides gleichzeitig zu verarbeiten, wie eine neue Studie nun belegt. Seit langem gilt diese Hirnregion als ein wesentlicher Teil des Sprachzentrums. Die Tatsache, dass sie auch an der Verarbeitung von Musik beteiligt ist, lässt die Gemeinsamkeiten von Musik und Sprache in einem neuen Licht erscheinen.

Ein Forscherteam unter der Leitung von Richard Kunert vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen hat entdeckt, dass das Broca-Areal mehr kann, als nur Sprache zu verarbeiten. Dazu führten die Wissenschaftler eine Reihe von Tests durch, bei denen die Hirnaktivität der Teilnehmer mithilfe funktionaler Kernspintomografie gemessen wurde. Dabei fanden die Forscher heraus, dass in dem Areal sowohl Musik als auch Sprache verarbeitet wird. Darüber hinaus beobachteten die Forscher, dass die zwei Aufgaben sich gegenseitig beeinflussen: „Wenn wir den Teilnehmern eine besonders schwierige Tonfolge vorgespielt haben, ist es ihnen schwerer gefallen, die Struktur eines Satzes zu verarbeiten“, berichtet Kunert.

Von spezialisierten Arealen zu vernetzten Gehirnregionen

Warum ist das so erstaunlich? Für einfache Aufgaben finden sich im Gehirn spezialisierte Areale. So ist etwa das Sehzentrum im Gehirn an einer anderen Stelle lokalisiert ist als das Hörzentrum. Laut neueren Erkenntnissen gilt dies jedoch nicht für anspruchsvollere Aufgaben, wie das musikalische Verständnis oder das Verstehen von Sprache. Die Verarbeitung solch komplexer Aufgaben unterliegen keiner so klaren Trennung. „Es wäre ein Irrweg, nach dem Sprachzentrum im Gehirn zu suchen“, sagt Richard Kunert. „Das Gehirn nutzt bestimmte Regionen für Sprache, aber gleichzeitig auch für anderes, in diesem Fall für Musik. Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass im Gehirn verschiedene Regionen eng vernetzt arbeiten und dabei ähnliche Aufgaben in spezialisierten Arealen gebündelt werden.“

Die neuen Erkenntnisse unterstützen damit auch die Vorstellung, dass das Broca-Areal nicht für die Sprachverarbeitung generell zuständig ist, sondern vielmehr dafür, verschiedene Elemente zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Diese Spezialisierung ist für Sprache und Musik gleichermaßen von Bedeutung: Denn bei der Verarbeitung von Sprache müssen Einzelwörter zu Sätzen kombiniert werden, im Fall von Musik einzelne Töne zu Melodien.

Max-Planck-Gesellschaft, 10. November 2015

Originalpublikation:

Richard Kunert, Roel M. Willems, Daniel Casasanto, Aniruddh D. Patel, Peter Hagoort. Music and Language Syntax Interact in Broca’s Area: An fMRI Study. PLOS ONE 10 (11): doi:10.1371/journal.pone.0141069

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