Wie unser Gehirn die Welt in Schubladen einordnet

© Mattes. CC BY 2.0 DE.

© Mattes. CC BY 2.0 DE. Wikimedia Commons.

Wir sind von einer komplexen Umwelt umgeben, die sich ständig verändert. Um sich in ihr zurecht zu finden ordnen wir sie, indem wir Kategorien oder Schubladen bilden, in die wir schnell Neues einsortieren können. Dafür nutzen wir verschiedene Strategien. Forscher haben nun untersucht, welche Bereiche im Gehirn diese Strategien steuern.

Aktivierungsmuster beim Kategorisieren

Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) fand ein Forscherteam um Boris Suchan und Onur Güntürkün an der Ruhr Universität Bochum heraus, dass bestimmte Areale unseres Gehirns besonders aktiv sind, wenn wir eine von zwei verschiedenen Kategorisierungsstrategien einsetzen.

Ordnen wir Objekte anhand v eines Prototyps ein, so ist unser Gyrus fusiformis aktiv. © public domain. Wikimedia Commons.

Ordnen wir Objekte anhand eines Prototyps ein, so ist unser linker Gyrus fusiformis aktiv. © public domain. Wikimedia Commons.

Ordnen wir ein Objekte mit Hilfe eines Prototyps ein, so ist unser linker Gyrus fusiformis aktiv. Er ist für das Erkennen abstrakter Objekte zuständig. Beim Abgleich mit konkreten Beispielen einer Kategorie wird der rechte Hippocampus aktiviert. Er spielt eine wichtige Rolle, wenn Erinnerungen gespeichert und abgerufen werden.

Hippocampus. © public domain. Wikimedia Commons.

Beim Abgleich mit konkreten Beispielen einer Kategorie wird der rechte Hippocampus aktiviert. © public domain. Wikimedia Commons.

Schubladen reduzieren Informationslast

In Schubladen zu denken hilft unserem Gehirn, die sich ständig ändernde Welt um uns herum zu sortieren und so die Informationslast überschaubar zu halten. Dabei kommen zwei unterschiedliche Strategien zu Einsatz: die Prototyp-Strategie und die Ausnahme-Strategie.

Wollen wir etwa herausfinden, ob ein Tier in die Kategorie „Vogel“ passt, wenden wir zunächst die Prototyp-Strategie an und vergleichen das Tier mit einem allgemeinen, abstrakten „Vogel“. Dieser weist die wichtigsten Merkmale der Kategorie auf, wie etwa Schnabel, Flugfähigkeit oder Federn. Sollen wir dagegen eine Ausnahme einordnen, wie etwa einen Strauß oder einen Pinguin, würde diese Strategie nur suboptimal funktionieren. In diesem Fall wenden wir die Ausnahme-Strategie an, die das Tier mit einer Vielzahl verschiedener, ganz unterschiedlich aussehender Beispiele vergleicht, die der entsprechenden Kategorie bereits zugeordnet sind. So können auch die „entfernten Verwandten“ einer Kategorie richtig einsortiert werden.

Komplexes Zusammenspiel

Um zu untersuchen, wo das Gehirn aktiv ist, wenn es sortiert, haben die Neurowissenschaftler Probanden bei einer Kategorisierungsaufgabe im MRT gescannt. Die Aktivierungsmuster im Gehirn verrieten, dass beide Strategien von unterschiedlichen Gehirnarealen gesteuert werden.

Doch laut den Forschern besteht wahrscheinlich zwischen beiden Lernmustern ein komplexes Wechselspiel. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass für beide Strategien jeweils eigene Bereiche im Gehirn zuständig sind. Im Verlauf des Lernens haben wir aber auch festgestellt, dass sich der Rhythmus der Aktivierung bei beiden Arealen angleicht. Das deutet darauf hin, dass sich die zu Grunde liegenden Denkprozesse nicht sauber trennen lassen“, erklärt Boris Suchan. Weitere Modelle und Untersuchungen sollen dieses Zusammenspiel nun näher untersuchen.

Ruhr Universität Bochum, 20. Juli 2016

Originalpublikation:

Robert K. Lech, Onur Güntürkün, Boris Suchan: An interplay of fusiform gyrus and hippocampus enables prototype- and exemplar-based category learning, Behavioural Brain Research, 2016, DOI: 10.1016/j.bbr.2016.05.049.

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