Wie der Honiganzeiger zu einem Festmahl kommt

Großer Honiganzeiger. © Wilferd Duckitt. CC BY 2.0.

Der Große Honiganzeiger sitzt gerne auf erhöhten Positionen, wie Bäumen und Anhöhen, um Ausschau nach Feinden und Bienennestern zu halten. © Wilferd Duckitt. CC BY 2.0.

Große Honiganzeiger ernähren sich hauptsächlich von Insekten. Doch sie mögen auch gerne Wachs von Bienenestern. Doch alleine kommen sie meist an diese Leckerbissen nicht heran. Daher suchen sie sich größere Partner, wie etwa den Honigdachses, die Ginsterkatze oder den Menschen. In verschiedenen afrikanischen Ländern locken Menschen, die auf der Suche nach einem Bienennest sind den Vogel mit einem speziellen Gurrlaut oder Pfiff an. Forscher haben nun herausgefunden, dass die Honiganzeiger tatsächlich spezifisch auf die Lockrufe reagieren und ihre menschlichen Partner zu einem Bienennest führen. Woher junge Honiganzeiger dieses Verhalten lernen, ist noch immer ein Rätsel, denn die Tiere legen ihre Eier, ähnlich dem Kuckuck, in fremde Nester.

Der Große Honiganzeiger ist etwa so groß, wie ein Star und gehört zu den Spechtvögeln. Er ist in Afrika südlich der Sahara beheimatet und ernährt sich vorwiegend von Insekten, kann jedoch auch Wachs verdauen. Die Tiere halten sich gerne auf erhöhten Positionen auf, wie Bäumen und Anhöhen, von wo sie nach Feinden und Bienennestern Ausschau halten. Mit ihrem Gezwitscher machen sie Artgenossen auf Bienennester und Ameisennester aufmerksam, in der Hoffnung, dass diese sie beim Aufbrechen der Nester unterstützen. Ihre Rufe locken jedoch auch andere Honigräuber an, wie etwa den Honigdachs,die Ginsterkatze oder den Menschen, die die Nester gut aufbrechen können. Nachdem die größeren Räuber ihr Mahl beendet haben macht sich der Honiganzeiger über die Insekten, deren Larven und das Wachs her.

Honigjäger einer Felsenzeichnung aus den Cuevas de la Araña, bei Bicorp, Valencia, Spanien. Ca. 8000 bis 6000 v Chr.

Honigjäger einer Felsenzeichnung aus den Cuevas de la Araña, bei Bicorp, Valencia, Spanien. Ca. 8000 bis 6000 v Chr. © Achillea. GNU General Public License.

Die Kooperation der Honiganzeiger mit dem Menschen hat vermutlich eine lange Tradition. Sie ist für verschiedene afrikanische Völker belegt, wie etwa die Borana in Kenia, die Yao in Mosambik und die Hadza in Tansania. Honigjäger rufen die Honiganzeiger mit einem speziellen Laut oder Pfiff herbei, der von einer Generation an die nächste weitergegeben wird. Vernimmt ein Vogel, der ein Bienenest entdeckt hat diesen Lockruf, so fliegt er zu dem Menschen und macht ihn durch ein auffälliges, unruhiges Flugverhalten und ein besonderes Gezwitscher auf sich aufmerksam. Besonders gut ist die Zusammenarbeit der Borana mit dem Honiganzeiger untersucht. Nachdem sich der Honiganzeiger dem Borana Honigjäger genähert hat fliegt er zu dem von ihm entdeckten Bienennest und kommt anschließend wieder zurück. Anhand der Flugdauer können die Borana abschätzen, wie weit das Bienennest entfernt ist: Je schneller der Vogel zurück kehrt desto näher muss das Nest liegen. Als nächstes fliegt der Honiganzeiger ein Stück in die Richtung des Beinennestes und wartet darauf, dass der Borana ihm durch einen weiteren Pfiff signalisiert, dass er ihm folgen wird. So geleitet der Vogel den Jäger bis zum Nest. Damit er immer gut sichtbar ist stellt der Honiganzeiger seine weißen Schwanzfedern immer wieder auf. Je näher die beiden dem Bienennest kommen, desto kürzer werden die Flüge des Vogels, bis er schließlich am Nest angekommen andere Rufe äußert und das Nest fliegend umkreist.

Die Kooperation lohnt für Vogel und Menschen in gleicher Weise. Honigjäger, die sich von einem Honiganzeiger leiten lassen finden in kürzerer Zeit ein Bienennest: Statt ohne die Hilfe des Tieres neun Stunden mit Suchen zu verbringen, brauchen sie mit dessen Unterstützung nur noch drei Stunden. Gleichzeitig sucht der Honiganzeiger vor allem dann die Zusammenarbeit mit dem Menschen, wenn das von ihm entdeckte Bienennest von ihm alleine nicht zu knacken ist. Etwa, wenn es in einem Astloch liegt, an das er nicht heran kommt.

Die Evolutionsbiologin Claire Spottiswoode von der University of Cambridge, England und der University of Cape Town in Südafrika war schon als Kind von Honiganzeigern fasziniert. Später hörte sie einen Vortrag des kenianischen Ornithologen Hussein Isack, Honigjäger bei ihrer Suche begleitet hatte. Zusammen mit Keith und Colleen Begg untersuchte sie im Niassa National Reserve in Mozambik die Zusammenarbeit der Yao mit dem Großen Honiganzeiger. Dabei beobachteten sie, dass die Honigsammler der Yao in 75% der Fälle Honig fanden, wenn sie von einem Vogel geleitet wurden.

Die Yao locken den Honiganzeiger mit einem speziellen gurrenden Lockruf an (siehe auch das Video unten). Um herauszufinden, ob die Tiere tatsächlich spezifisch auf den Lockruf reagieren, spielte das Forscherteam den Tieren drei verschiedene, ähnlich klingende Laute vor:  den Lockruf der Honigjäger, einen anderen Yao-Ruf und das Gurren einer einheimischen Taubenart.

Nach Erklingen des Yao Lockrufes führten die Vögel Honigjäger in 66% der Fälle durch die Wildnis, was in 81% der Fälle tatsächlich an einem Bienennest endete. Auf andere Rufe hin versuchten die Honiganzeiger nur halb so oft ( in 33% der Fälle) oder noch seltener die Yao zu einem Bienennest zu locken. Auch gipfelten diese Versuche meist nicht im Auffinden eines Bienennestes. So vergeuden die Tiere ihre Energie nicht mit dem unnützen Versuch, Yao, die nicht auf der Suche nach Honig sind auf eine Fährte locken zu wollen.

Wie Große Honiganzeiger lernen, welchen Rufen von Yao, Borana oder Hadza sie folgen sollten ist jedoch noch völlig unklar. Denn die Vögel sind Brutparasiten und legen ihre weißen Eier, ähnlich, wie unser Kuckuck, in die Nester anderer Vögel, wie Spechte, Bartvögel oder Bienenfresser. Frisch geschlüpft töten sie noch nackt und blind, instinktiv die Jungvögel ihrer Gasteltern mit ihrem scharfen Hakenschnabel und werfen sie aus dem Nest. Dadurch kommen sie in den alleinigen Genuss der Insekten und Früchte, mit denen ihre Gasteltern sie eifrig füttern. Sobald sie flügge sind schließen sie sich zu kleinen Gruppen von Jungvögeln zusammen und gehen gemeinsam auf Nahrungssuche.

von Ute Keck, 28 Juli 2016

Originalpublikation:

Spottiswoode CN, Begg KS, Begg CM. Reciprocal signaling in honeyguide-human mutualism. Science. 2016 Jul 22;353(6297):387-389.DOI: 10.1126/science.aaf4885

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