Erkältungsvirus sprang vom Kamel auf den Menschen über

Dromedar mit Fohlen. © Garrondo. CC BY-SA 3.0

Dromedar mit Fohlen. © Garrondo. CC BY-SA 3.0

Vier menschliche Coronaviren sind auf der ganzen Welt verbreitet und neben den bekannteren Rhinoviren für Erkältungen verantwortlich. Meist verlaufen diese Infektionen harmlos. Doch eines dieser vier menschlichen Erkältungsviren stammt von Kamelen, wie auch das gefürchtete MERS-Virus. Das konnten Forscher nun belegen.

Das MERS-Virus ist ein Coronavirus, das schwere Atemwegsinfektionen, das Middle East Respiratory Syndrome, mit oft tödlichem Verlauf hervorrufen kann. Es wurde erstmals 2012 beim Menschen nachgewiesenen und stammt ursprünglich aus Dromedaren.

Coronavirus. © public domain.

Coronavirus. © public domain.

Christian Drosten und sein Team an der Universität Bonn arbeiten für den Schwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). „Im Rahmen von Untersuchungen zu MERS haben wir circa 1.000 Kamele auf Coronaviren untersucht und bei knapp sechs Prozent haben wir erstaunlicherweise auch Erreger entdeckt, die mit dem menschlichen Erkältungsvirus ,HCoV-229E‘ verwandt sind“, so Drosten. Vergleiche zwischen Erkältungsviren in Fledermäusen, Menschen und Dromedaren legen den Schluss nahe, dass der Erkältungs-Erreger tatsächlich von Kamelen auf den Menschen übertragen wurde.

MERS-Virus könnte ähnliche Entwicklung durchmachen, wie das Erkältungsvirus

Drosten und sein Team isolierten lebende Kamel-Erkältungsviren und fanden heraus, dass diese prinzipiell auch in menschliche Zellen eindringen können Und zwar über den gleichen Rezeptor, wie das Erkältungsvirus „HCoV-229E“. Doch das menschliche Immunsystem kann die Kamel-Viren genauso gut in Schach halten, wie die menschlichen Erkältungsviren. Tests mit humanem Serum und den tierischen Erkältungsviren haben darüber hinaus ergeben, dass von ihnen keine unmittelbare Epidemie-Gefahr mehr für den Menschen ausgeht, denn die menschliche Bevölkerung ist durch die weite Verbreitung des Erkältungsvirus HCoV-229E weitgehend immun.

MERS-Virus © public domain.

MERS-Virus © public domain.

Stellt dann also auch das MERS-Virus keine Gefahr dar? „Das MERS-Virus ist ein rätselhafter Erreger: Immer wieder gibt es kleinere Ausbrüche, die lokal etwa auf eine Klinik begrenzt sind. Das Virus ist glücklicherweise noch nicht gut genug an den Menschen angepasst, so dass es sich bisher nicht weltweit verbreiten kann“, so Drosten. Die Vorläuferviren des menschlichen HCoV-229E-Virus im Kamel ähneln derzeitigen Situation bei MERS. Auch diese Vorläuferviren sind nicht optimal an den Menschen angepasst.

Bedenklich ist, dass die weltweite Verbreitung von HCoV-229E durch Mensch-zu-Mensch-Übertragung erfolgt ist, mit großer Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer früheren Pandemie. „Mit unserer aktuellen Studie liefern wir ein Warnsignal im Hinblick auf die Pandemiegefahr durch MERS – denn was HCoV-229E geschafft hat, kann MERS vielleicht auch.“ Es besteht also Handlungsbedarf: DZIF-Forscher arbeiten mit Hochdruck an der Erforschung eines Impfstoffs gegen MERS. Dieser geht Anfang nächsten Jahres in die klinische Prüfung.

Universität Bonn, 16. August 2016

Originalpublikation:

V M Corman, I Eckerle, Z A Memish, A M Liljander, R Dijkman, H Jonsdottir, K J Z Juma Ngeiywa, E Kamau, M Younan, M Al Masri, A Assiri, I Gluecks, B E Musa, B Meyer, M A Müller, M Hilali, S Bornstein, U Wernery, V Thiele, J Jores, J F Drexler, and C Drosten. Link of a ubiquitous human coronavirus to dromedary camels. PNAS, Early Edition, DOI: 10.1073/pnas.1604472113.

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