Das Ende der Maya: Wie verschwenderischer Umgang mit Wasser Kulturen zerstören kann

© ProtoplasmaKid. CC BY-SA 4.0. Wikimedia Commons.

Relief aus der historischen Maya-Stadt Yaxchilán © ProtoplasmaKid. CC BY-SA 4.0. Wikimedia Commons.

Lange bevor Columbus nach Amerika gelangte florierte in Mittelamerika die Hochkultur der Maya. Doch im neunten Jahrhundert kam es zu gravierenden gesellschaftlichen Umbrüchen, die zu deren Untergang führten. Nach wie vor rätseln Wissenschaftler über den Grund für diesen dramatischen Wandel. Nun haben Forscher mit einer Computersimulation herausgefunden, dass die Maya unter einem massiven Wassermangel gelitten haben könnten. Wobei ausgerechnet ihr ausgeklügeltes Bewässerungssystem zu einer Verschärfung der Lage beigetragen haben könnte: Sie ermöglichte ihnen trotz vorübergehender Dürreperioden ein stetiges Bevölkerungswachstum, ohne dass sie lernen mussten, besser mit der knappen Ressource Wasser zu haushalten. Wie die Technische Universität Wien berichtet.

Im neunten Jahrhundert muss es zu dramatischen Ereignissen gekommen sein, die das Ende der klassischen Periode der Maya einleiteten. Denn binnen kürzester Zeit erlebte die blühende mittelamerikanische Hochkultur einen massiven Einbruch: Die Bevölkerungszahl auf der Halbinsel Yucatán ging stark zurück und es wurden auch keine monumentalen Steinbauten mehr errichtet. Was zum Untergang dieser Hochkultur beigetragen hat ist bei Wissenschaftlern nach wie vor umstritten. Nun liefern Computersimulationen der TU Wien eine mögliche Erklärung. Paradoxerweise könnte gerade die Bewässerungstechnik, die den Maya in Dürrezeiten oft wichtige Dienste leistete, die Gesellschaft verwundbarer gegenüber großen Katastrophen gemacht haben.

Doch das Problem der Maya könnte auch uns betreffen: Auch wir sollten rechtzeitig lernen mit natürlichen Ressourcen sorgsam umzugehen. Denn unsere Gesellschaft wird besonders verwundbar, wenn technische Maßnahmen nur die oberflächlichen Symptome einer Ressourcenknappheit abmildern, ohne dass wir unser Verhalten ändern.

Ruinen von Palenque. © Jan Harenburg. CC BY 3.0. Wikimedia Commons.

Ruinen von Palenque. © Jan Harenburg. CC BY 3.0. Wikimedia Commons.

Sozio-Hydrologie

„Das Wasser beeinflusst die Gesellschaft und die Gesellschaft beeinflusst das Wasser“, sagt Linda Kuil, Doktorandin von Günter Blöschl an der TU Wien. „Der Vorrat an Wasser bestimmt, wie viel Nahrung zur Verfügung steht, und beeinflusst somit das Bevölkerungswachstum. Umgekehrt wird bei einer Bevölkerungszunahme auch in den natürlichen Wasserkreislauf eingegriffen – etwa durch den Bau von Wasserreservoiren.“

Weil Wasser und Gesellschaft einander so unmittelbar beeinflussen, müssen sie auch gemeinsam erforscht werden. Daher untersucht man an der TU Wien, die Wechselwirkungen zwischen Soziologie und Hydrologie mit Hilfe von mathematischen Modellen. So entstand das Forschungsgebiet der Sozio-Hydrologie.

Man kann einfache, mathematische Zusammenhänge aufstellen – etwa zwischen der vorhandenen Nahrungsmenge und der Geburtenraten, oder zwischen der noch frischen Erinnerung an Wasserknappheiten in jüngerer Vergangenheit und dem gesellschaftlichen Willen, neue Wasserreservoire zu bauen. Kombiniert man diese Zusammenhänge mit einer Vielzahl historischer und aktueller Daten, so entsteht schließlich ein komplexes System, das verschiedene Szenarien des Zusammenspiels zwischen Mensch und Natur wiedergibt.

Vasenmalerei, Maya-Fürst auf Jaguarfell thronend, 700–800 n. Chr. © public domain. Wikimedia Commons.

Bemalte Vasen: Maya-Fürst thront auf Jaguarfell, 700–800 n. Chr. © public domain. Wikimedia Commons.

Wasserreservoire: Fluch und Segen in gleicher Weise

„Dass die Maya große Wasserreservoire gebaut haben, um für die Trockenzeit gerüstet zu sein, ist schon lange bekannt“, erzählt Linda Kuil. „Mit unserem Modell kann man nun analysieren, welche Auswirkungen die Wasserbautechnik der Maya auf ihre Gesellschaft hatte. Man kann auch Simulationen mit und ohne Wasserreservoiren berechnen und miteinander vergleichen.“

Laut den Modellen der Forscher können Wasserreservoire tatsächlich helfen, kleinere Dürreperioden gut zu überstehen. Während die Bevölkerung der Maya in der Simulationsrechnung ohne Reservoire nach einer Dürre zurückgegangen wäre, konnte sie mit geeigneten Wasservorräten stetig weiterwachsen. Doch genau das machte ihre Bevölkerung in bestimmten Fällen verwundbarer: Denn ihr Verhalten bleibt gleich, der Wasserbedarf pro Kopf wurde nicht gesenkt, aber die Bevölkerung wuchst weiter. Kam es dann abermals zu einer Dürre, so konnte das gravierende Konsequenzen haben: Es kam zu einem dramatischeren Populationseinbruch, als es ihn ohne Wasserreservoire je gegeben hätte.

Ressourcen nachhaltig nutzen

Ob das tatsächlich der Grund für den Niedergang der Maya war, wird sich wohl nie eindeutig klären lassen. Auch Kriege oder Epidemien könnten eine Rolle gespielt haben. Doch das sozio-hydrologische Modell zeigt, dass Dürren und Wasserprobleme eine mögliche Erklärung sein können. Darüber hinaus macht es deutlich, wie verwundbar gerade eine hoch technisierte Gesellschaft sein kann.

„Wenn man es mit knappen Ressourcen zu tun hat, dann sind die scheinbar einfachsten Lösungen nicht immer die besten“, meint Linda Kuil. „Man muss das Verhalten ändern, man muss die Abhängigkeit der Gesellschaft von dieser Ressource überdenken und den Verbrauch reduzieren – sonst kann es trotz kluger technischer Lösungen passieren, dass die Gesellschaft nicht sicherer sondern im Gegenteil immer katastrophenanfälliger wird.“

von Ute Keck, 23. August 2016

Originalpublikation:

Kuil, L., G. Carr, A. Viglione, A. Prskawetz, and G. Blöschl (2016), Conceptualizing socio-hydrological drought processes: The case of the Maya collapse, Water Resour. Res., 52, doi: 10.1002/2015WR018298.

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