Vieles im Leben hängt von dem richtigen Zeitpunkt ab. Das gilt auch für den süßen, betörenden Duft von Blütenpflanzen. Wissenschaftler haben nun einen Schlüsselmechanismus aufgedeckt, über den Pflanzen festlegen, wann sie einen Duftstoff freisetzen, mit dem sie Insekten für die Bestäubung anlocken wollen.
Für ihre Untersuchungen wählten Imaizumi und sein Team von der University of Washington die Gartenpetunie. Diese Hybridpflanze setzt abends aromatische, süßliche Duftstoffe frei um Bestäuberinsekten anzulocken, wie etwa die Schwärmer.
Damit die freigesetzten Duftstoffe tatsächlich zu einem Besuch eines Bestäubers führen müssen die Pflanzen ihre Duftstoffe genau zu dem Zeitpunkt freisetzten, wenn die Bestäuber unterwegs sind. Bei Schwärmern ist das am Abend.
Die Forscher entdeckten bei ihren Untersuchungen ein Gen, das kontrolliert, wann die Petunie ihren Duft freisetzt. Dieses Gen, abgekürzt LHY genannt, kommt in vielen Pflanzen vor und ist eine Schlüsselkomponente des Circadianen Rhythmus. Schon lange weiß man, dass alle Lebewesen über einen Circadianen Rhythmus verfügen, der sie mit dem 24h-Zyklus der Erde synchronisiert. Die dafür verantwortlichen Gene passen die Vorgänge in den Zellen an die jeweilige Tageszeit an.
Viele Gene, die den Circadianen Rhythmus koordinieren sind nur zu bestimmten Tageszeiten aktiv. Sie beeinflussen die Aktivität anderer Gene, die die Vorgänge in der Zelle organisieren. Wie die Forscher feststellten ist das LHY-Gen nur morgens aktiv. Also genau zu der entgegengesetzten Zeit, an der die Petunie ihren betörenden Duft freisetzt. Daher vermuteten die Forscher, dass die morgendliche Aktivität von LHY die Produktion der Duftstoffe unterbindet. Wenn die Forscher die Aktivität von LHY bis zum Abend verlängerten setzten die Petunien ihre Duftstoffe überhaupt nicht mehr frei. Das war genau das Ergebnis, das sich Imaizumi’s Team erhofft hatte.
Sollte die Aktivität von LHY tatsächlich einen negativen Effekt auf die Bildung von Duftstoffen haben, so überlegten die Forscher, dann sollten Petunien, die über kein LHY-Gen verfügen ihre Düfte früher am Tag ausströmen. Und tatsächlich: Die so veränderten Pflanzen setzten ihre Duftstoffe vier bis acht Stunden früher frei.
Die Forscher konnte auch klären, wie LHY die Bildung von Düften unterdrückt. Es hemmt die Aktivität des ODO1-Gens, das für die Bildung und Freisetzung der pflanzlichen Duftstoffe verantwortlich ist. Indem LHY am Morgen die Aktivität von ODO1 unterdrückt bringt es den pflanzlichen Stoffwechselweg zur Produktion von Düften zum erliegen. Wenn dagegen die Aktivität von LHY im Laufe des Tages abnimmt kann ODO1 die Bildung der duftenden Chemikalien wieder ankurbeln, so dass sie bis zum Abend gerade rechtzeitig für ihre Freisetzung fertig sind.
Da LHY und ODO1 bei den meisten, wenn nicht sogar bei allen Blütenpflanzen vorkommen könnte das Zusammenspiel dieser beiden Gene einen allgemeinen Mechanismus darstellen, mit dem Pflanzen die Produktion von Duftstoffen an ihren Circadianen Rhythmus anpassen. Wenn das tatsächlich so wäre, könnten Pflanzen im Laufe der Evolution die Koordination ihrer Duftfreisetzung angepasst haben, indem sie das Mengenverhältnis oder die Aktivitätszeiten von LHY und ODO1 veränderten.
Imaizumi und sein Team wollen nun untersuchen, ob Bestäuber normale Petunien, oder solche mit einer veränderten LHY-Aktivität bevorzugen. Langfristig gesehen könnten diese Versuche dabei helfen die Bestäubungseffizienz anderer Pflanzen, wie etwa auch von Nutzpflanzen zu verbessern.
University of Washington, 29 Juni 2015
Originalpublikation:
Myles P. Fenske, Kristen D. Hewett Hazelton, Andrew K. Hempton, Jae Sung Shim, Breanne M. Yamamoto, Jeffrey A. Riffell, and Takato Imaizumi. Circadian clock gene LATE ELONGATED HYPOCOTYL directly regulates the timing of floral scent emission in Petunia. PNAS, June 2015 DOI: 10.1073/pnas.1422875112