Schecken: Vom königlichen Reittier zum Pestboten

Die vier Reiter der Apokalypse. Werk: Beato de Fernando I Doña Sancha, datiert auf 1047 n. Chr. Apoc. VI, 1–8f. 135; shelf 14-2 National Bibliothek, Madrid. © gemeinfrei. Wikimedia

Die vier Reiter der Apokalypse. Werk: Beato de Fernando I Doña Sancha, datiert auf 1047 n. Chr. Apoc. VI, 1–8f. 135; shelf 14-2 National Bibliothek, Madrid. © gemeinfrei. Wikimedia

Welche Fellfarben wir Menschen bei unseren Pferden bevorzugen hängt vom Zeitgeist und der Kultur ab. So erfreuten sich etwa gefleckte und helle Pferde vom Beginn der Domestikation bis zur Römerzeit großer Beliebtheit, während Im Mittelalter einfarbige, nichtgescheckte Pferde dominierten. Zu dieser Erkenntnis kommt ein internationales Forschungsteam durch die Analyse von historischem Pferdeerbgut.

Die Vielfalt der Fellfarben bei Pferden unterliegt seit der Domestizierung 3.500 v. Chr. in der eurasischen Steppe starken kulturellen Einflüssen. Um der Geschichte der Pferdezüchtung auf die Spur zu kommen, analysierten die Forscher mehr als 200 Proben historischen Pferde-Erbguts. Dabei entdeckten sie insgesamt 14 verschiedene Farbtypen. Bei den frühen Pferden traten sechs Farbvarianten auf, von denen drei bereits bei Wildpferden vorkamen. Während der Bronzezeit (2.700 – 900 v. Chr.) und der Eisenzeit (900 v. Chr. – 400 n. Chr.) stieg die Zahl der Farbvarianten auf neun an. Das entsprach vermutlich dem Wunsch der Menschen nach neuen Farbkombinationen. In dieser Zeit waren gefleckte und helle Pferde weit verbreitet.

Im Zuge des Mittelalters ging die Beliebtheit der gescheckten Pferde zurück. An ihre Stelle traten einheitlich gefärbte Tiere, wobei Füchse besonders weit verbreitet waren. Dabei dürfte die Religion eine entscheidende Rolle gespielt haben. Noch zu Beginn des Mittelalters bevorzugten Herrscher gescheckte und helle Pferde. Das entspricht den apokalyptischen Reitern in der „Offenbarung des Johannes” (81 – 96 n. Chr.). Dort werden vier verschiedenfarbige Pferde für die vier Reiter beschrieben. Der Reiter des Sieges kommt auf einem weißen oder gescheckten Pferd daher, der Reiter der Hungersnot auf einem Rappen, der Reiter des Todes auf einem Braunen und der Reiter des Krieges auf einem Fuchs. Nachdem Europa von mehreren Seuchen heimgesucht wurde, wie etwa der Pest, erfuhr dieser Symbolismus eine Änderung: Der einzige „gute” Reiter, der Reiter des Sieges, wurde durch einen weiteren „bösen” Reiter, den Reiter der Krankheiten und der Seuchen, ersetzt. Dadurch waren weiße und gescheckte Pferde nun ebenfalls negativ belegt. In der Folge traten sie seltener auf. Doch der Rückgang der hellen Schecken könnte auch noch einen ganz profanen Grund haben: Denn durch eine Verbesserungen in der Waffentechnik, wie etwa die Erfindung des Langbogens, gaben diese Pferde ein leichter zu treffendes Ziel ab.

Bisher ist wenig über die historische, züchterische Umgestaltungen unserer Haustiere bekannt. Die meisten Untersuchungen beschäftigen sich mit neuzeitlichen Züchtungen. „Pferde haben erhebliche züchterische Veränderungen durchlaufen, vor allem während der letzten Jahrhunderte. Es kann zu falschen Schlüssen über die Geschichte der Hauspferde führen, wenn nur moderne Rassen untersucht werden”, sagt Arne Ludwig, Forscher am Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung.

Mit ihrer Studie liefern die Forscher die umfassendsten Erkenntnisse zur Änderung der Fellfarbe historischer Pferde. Genauso wie heute bevorzugten  bereits unsere Vorfahren bestimmte Zuchtrichtungen nicht nur wegen ihrer Reitqualität, sondern auch wegen ihres Aussehens und ihrer Attraktivität.

Forschungsverbund Berlin e.V., 07 Dezember 2016

Originalpublikation:

Wutke S, Benecke N, Sandoval-Castellanos E, Döhle HJ, Friederich S, Gonzales J, Hallsteinn Hallsson J, Hofreiter M, Lõugas L, Magnell O, Morales-Muniz A, Orlando L, Pálsdóttir AH, Reissmann M, Ruttkay M, Trinks A, Ludwig A (2016): Spotted phenotypes in horses lost attractiveness in the Middle Ages. Scientific Reports. DOI: 10.1038/srep38548

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