Wie Nervenzellen in unserem Gehirn über große Entfernungen miteinander kommunizieren könnten

Resonanz in der Aktivität von Nervenzellen (links) erlaubt, dass Impulse im Gehirn über weite Entfernungen übertragen werden, etwa von der Rückseite des Gehirns in Richtung Stirn während der Verarbeitung optischer Reize. © Gunnar Grah//BLBT

Resonanz in der Aktivität von Nervenzellen (links) erlaubt, dass Impulse im Gehirn über weite Entfernungen übertragen werden, etwa von der Rückseite des Gehirns in Richtung Stirn während der Verarbeitung optischer Reize. © Gunnar Grah//BLBT

Seit Jahrzehnten rätselt die Wissenschaft, wie Nervenzellen im Gehirn über weite Distanzen hinweg miteinander kommunizieren können. Denn sowohl mit den bisher bekannten Reaktionen einzelner Zellen auf Impulse, als auch der Verschaltung der Netzwerke von Nervenzellen lässt sich eine solche Kommunikation nicht erklären. Wissenschaftler haben nun ein Modell erarbeitet das die Frage klären könnte, wie unser Gehirn dieses Problem gelöst hat: Es könnte die Kraft der Resonanz ausnutzt. Resonanz kann die Schwingungen in der Aktivität der Nervenzellen so verstärken, dass sich die Signale weiter ausbreiten. Die Wissenschaftler simulierten im Computer mehrere Netzwerke von Nervenzellen und untersuchten, wie sie Signale weiterleiten.

Frühere Vermutungen, wie Information durch das Gehirn reist, waren unrealistisch: Entweder gingen die Vorstellungen von starken Verbindungen zwischen weit entfernten Hirnarealen aus, für die es jedoch keinerlei wissenschaftliche Hinweise gab. Oder sie setzten einen globalen Mechanismus im Gehirn voraus, der verschiedene Hirnareale zu gemeinsamen Schwingungen anregte. Wie diese Prozesse zustande kommen sollten, konnte jedoch niemand erklären. Gerald Hahn und Alejandro F. Bujan vom Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools an der Universität Freiburg benötigten in ihrer Simulation weder unrealistische Netzwerkeigenschaften noch einen Schwingungsgenerator im Gehirn. Sondern die Forscher fanden heraus, dass Resonanz der Schlüssel zur Langstreckenkommunikation in solchen Netzwerken sein könnte, die wie unser Gehirn nur über relativ wenige, schwache Verbindungen verfügen. Aber nicht alle Nervenzellen regen andere dazu an, aktiv zu werden. Manche von ihnen wirken ganz im Gegenteil hemmend. Das daraus resultierende Zusammenspiel aus Erregung und Hemmung lässt die Aktivität eines Netzwerk um einen bestimmten Wert schwingen. Dabei haben Netzwerke natürlicherweise eine Frequenz, bei der diese Schwingungen besonders stark ausgeprägt sind. Ähnlich einer gespannten Geigensaite die eine bevorzugte Frequenz besitzt. Schwingt die Aktivität mit genau dieser Frequenz, dann breiten sich die Impulse viel weiter aus, als wenn dies nicht der Fall ist. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Art der Resonanzverstärkung in bestimmten Fällen bei schwingenden Signalen die einzige Möglichkeit darstellt, wie eine Kommunikation über weite Strecken erfolgen könnte. Sie vermuten außerdem, dass das Gehirn durch seine einem Netzwerk innewohnende Fähigkeit zur Veränderung der bevorzugten Frequenz dazu in der Lage ist, Informationen je nach Bedarf unterschiedlich zu verarbeiten.

Exzellenzcluster BrainLinks-BrainTools der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 29.08.2014.

 

Originalveröffentlichung:
Hahn G, Bujan AF, Frégnac Y, Aertsen A, Kumar A (2014) Communication through resonance in spiking neuronal networks. PLoS Comp. Biol. Doi:10.1371/journal.pcbi.1003811

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