Mit Darmflora gefüllte Pillen heilen von Krankenhauskeim verursachten chronischen Durchfall

Clostridium difficile. © public domain.

Clostridium difficile. © public domain.

Das Bakterium Clostridium difficile ist in den USA und England einer der häufigsten Krankenhauskeime und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich diese Keime auch bei uns ausbreiten. In den letzten Jahren kam es zu einer zunehmenden Verbreitung eines besonders aggressiven Stammes dieser Bakterien, der inzwischen auch in mehreren Europäischen Ländern grassiert. Wenn die normale Darmflora durch Antibiotika vernichtet wird, kann sich das, für gesunde Menschen harmlose, Bakterium massiv vermehren und Gifte produzieren, die lebensbedrohliche Durchfallerkrankungen auslösen können. Um die Patienten wieder mit einer gesunden Darmflora auszustatten kann man ihnen die Darmflora eines gesunden Spenders übertragen. Diese Therapie erfolgte bisher meist mittels einer Magen-, Darm- oder Nasensonde. Nun haben Wissenschaftler in einer kleinen Studie gezeigt, dass die Transplantation von gesunder Darmflora auch mittels Tabletten mit gefrorenen Darmbakterien erfolgen kann.

Clostridium difficile ist einer der häufigsten antibiotikaresistenten Krankenhauskeime in den USA und England. Jedes Jahr sterben alleine in den USA etwa 14.000 Patienten an den Folgen einer Infektion mit dem aggressiven Erreger. Und auch bei uns breiten sich die Keime zunehmend aus: 2013 wurden beim deutschen Robert Koch Institut 1.715 Infektionen mit schwerem Krankheitsverlauf gemeldet. Tendenz steigend.

Als anaerobes, nur in Abwesenheit von Sauerstoff wachstumsfähiges Bakterium gehört Clostridium difficile zu den stammesgeschichtlich alten Mikroorganismen. Sie sind an die, quasi sauerstofffreie, Erdatmosphäre angepasst, die zu Beginn der Entstehung des Lebens existierte. Anaerobe Bakterien haben nie die Fähigkeit entwickelt, sich vor dem aggressiven Sauerstoff der heutigen Atmosphäre zu schützen. Ein Leben an der Luft ist für sie unmöglich: Der in der Luft oder in fließendem Wasser vorhandene Sauerstoff ist für sie toxisch. Um an der Luft zu überleben, verkapselt sich Clostridium difficile deshalb zu Sporen, die gegen Sauerstoff und Trockenheit resistent sind. Diese Sporen kommen auf der ganzen Welt im Boden vor. Schätzungsweise 1 bis 4 % der gesunden Bevölkerung trägt Clostridium difficile unbemerkt im Darm und kann den Erreger übertragen. Die Bakterien sind vor allem in Krankenhäusern, Altersheimen und Bädern weit verbreitet. Besonders dramatisch sieht die Lage in amerikanischen und englischen Krankenhäusern aus: Dort sind inzwischen etwa 20 bis 40 % der Krankenhauspatienten mit Clostridium difficile infiziert.

Patienten scheiden die Sporen mit dem Stuhl aus. Die Ansteckung findet meist fäkal-oral (d. h. vom Stuhl in den Mund) statt, kann jedoch auch durch Sporen, die sich in der Luft befinden erfolgen. Begünstigt wird eine Ausbreitung der Bakterien durch mangelnde Hygiene. Die Sporen sind ausgesprochen langlebig und gegen Wärme und Austrocknung, sowie gegen verschiedenste Chemikalien, einschließlich vieler Desinfektionsmittel resistent. Nach der Anwendung bestimmter Antibiotika, welche die natürlicherweise im Darm vorkommenden Bakterien dezimieren, wie etwa Clindamycin, Cephalosporine und Chinolone, kann es zu massiven Durchfallerkrankungen kommen. Denn durch den Einsatz dieser Antibiotika sterben viele Bakterienarten der Darmflora ab. Die so entstandenen „Lücken“ nutzt Clostridien dann für eine massive Vermehrung. Weitere Risikofaktoren für eine Infektion mit Clostridien sind ein hohes Alter, Immunsuppressiva, eine den Darm schädigende Chemo- oder Radiotherapie, eine chronisch entzündliche Darmerkrankung und ein stark geschwächtes Immunsystem.

Das typische Krankheitsbild der Clostridium difficile-Infektion besteht in einer Darmentzündung mit Durchfall. Darüber hinaus kann es bei Vorliegen einer Darmentzündung zu Fieber und Bauchkrämpfen kommen. Durch den Durchfall kann sich eine Exsikkose entwickeln, bei der der Körper zunehmend austrocknet. Am häufigsten tritt ein milder bis mittelschwerer Krankheitsverlauf auf. Seltener dagegen kommt es zu dem gefürchteten schweren Verlauf, bei dem es zur Ausprägung einer pseudomembranösen Colitis kommen kann. Dabei wird Fibrin aus der entzündeten Darmwand ausgeschieden, das zusammen mit Granulozyten und abgestorbenen Darmzellen eine weißen Schicht auf der Darmwand bindet. In der Folge erschlafft der Darm und dehnt sich stark aus. Dann hat sich ein toxisches Megacolon gebildet. In Dickdarmbereich vermehrt sich Clostridium difficile dann so massiv, dass sich dadurch die Darmwände auflösen. Wenn sich anschließend die Bakterien im gesamten Körper ausbreiten kommt es zu einer sogenannten Sepsis, einer Blutvergiftung. Das bedeutet akute Lebensgefahr.

Nicht Clostridium difficile selbst löst die Darmentzündung und den Durchfall aus, sondern die von ihm produzierten Gifte Enterotoxin A und Zytotoxin B. Diese zerstören die Darmzellen und bringen die Salzaufnahme im Darm durcheinander, was mit einem großen Verlust an Flüssigkeit und Salzen einher geht. Die Folge ist ein massiver Durchfall. Seit 2001 verbreitet sich, ausgehend von den USA, ein neuer Bakterienstamm, der in den USA als NAP1-Stamm, für North American Pulsed field type 1, und in Europa als R027 bezeichnet. R027 bildet aufgrund einer Mutation im Repressorgen tcdC 16 x soviel Enterotoxin A und 23 x soviel Zytotoxin B, wie die bisher bekannten Stämme und ist deshalb sehr viel gefährlicher als die anderen Erreger.

Die Tatsache, dass eine Besiedelung mit Clostridium difficile bei Menschen mit gesunder Darmflora symptomlos bleibt erklärt man sich damit, dass Darmzellen Enzyme besitzen mit deren Hilfe sie die Clostridiumtoxine durch Nitrosylierung entgiften können. Erst durch eine massive Vermehrung der Clostridien im Darm ist die Kapazität der Enzyme überfordert, so dass die dann stark erhöhte Menge an Toxinen zu einer Entzündung des Darms führt.

Wissenschaftler von der Harvard Universität (Boston) in den USA haben nun eine neue Methode entwickelt, um diese Keime zu bekämpfen. Sie verabreichten ihren Patienten gesunde Darmbakterien in Pillenform. Seit den 1950er Jahren wird die Transplantation von Darmbakterien für die Therapie verschiedener Infektionskrankheiten eingesetzt. Bei diesem Therapieansatz soll das natürliche Gleichgewicht der Darmflora wiederhergestellt werden. Dabei sollen die gesunden Darmbakterien wieder die Oberhand gewinnen, so dass die Krankheitserreger aufgrund der dann auftretenden Verknappung an Nährstoffen in Schach gehalten werden. Bisher wird die Darmflora des Spenders durch eine Magen-, Darm- oder Nasensonde auf den Empfänger übertragen. Doch diese Methoden sind zwar relativ sicher, aber nicht ganz ohne Risiko und zudem ziemlich aufwändig und für den Patienten unangenehm. Mit der neuen kleinen Studie konnten Forscher zeigen, dass man eine Clostridium difficile-Infektion mit gefrorenen Darmbakterien, die in 1,6 Gramm schweren Pillen verkapselt waren genauso gut und sicher bekämpfen kann, wie mit den bisher verwendeten Therapien. 18 von 20 Patienten erholten sich nach spätestens acht Wochen vollständig von ihrem Durchfall, nachdem sie 30 oder 60 dieser Pillen geschluckt hatten. Patienten, die einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand hatten mussten zum Teil ein zweites Mal behandelt werden. Nun sollen größere Studien durchgeführt werden, um diese Ergebnisse zu überprüfen und die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie abzuklären.

von Ute Keck

Originalpublikation:
Kelly CR1, de Leon L, Jasutkar N. Fecal microbiota transplantation for relapsing Clostridium difficile infection in 26 patients: methodology and results. J Clin Gastroenterol. 2012 Feb;46(2):145-9. doi: 10.1097/MCG.0b013e318234570b

Weitere Informationen zum Thema:

Clostri­dium-difficile-Infektion: Stuhltransplantation in Pilotstudie erneut erfolgreich

Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch Instituts zu C difficile Infektionen

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