Mutation bei Lymphdrüsenkrebs verhindert den natürlichen Selbstzerstörungsprozess der Krebszellen

Die fluoreszenzmikroskopische Aufnahme zeigt die Ubiquitin-Ligase FBXO25 (grün) und das überlebenssichernde Protein (rot) in einer Krebszelle, die gerade den Zelltod einleitet. Das gelbe Signal zeigt an, wenn beide Proteine am selben Ort sind. © Bassermann / TUM

Die fluoreszenzmikroskopische Aufnahme zeigt die Ubiquitin-Ligase FBXO25 (grün) und das überlebenssichernde Protein (rot) in einer Krebszelle, die gerade den Zelltod einleitet. Das gelbe Signal zeigt an, wenn beide Proteine am selben Ort sind. © Bassermann / TUM

Defekte oder potentiell schädliche Zellen werden normalerweise im Körper dazu gebracht, sich selbst zu zerstören. Dieser, als programmierter Zelltod bezeichnete Mechnismus, soll unter anderem die Entstehung von bösartigen Tumorzellen verhindern. Forscher haben nun einen bislang unbekannten Mechanismus zur Einleitung des programmierten Zelltodes entdeckt. Wie die Forscher zeigen konnten, liegen bei Patienten mit Lymphdrüsenkrebs häufig Mutationen in diesem Signalweg vor.

In ihrer Studie untersuchte das Forscherteam um Florian Bassermann vom Klinikum rechts der Isar, der Technischen Universität München Mantelzelllymphome. Diese Form von Lymphdrüsenkrebs ist eine Untergruppe der Non-Hodgkin-Lymphome, bei denen Patienten trotz neuer Therapieverfahren schlechte Prognosen haben. „In vielen Lymphom-Zellen funktioniert der programmierte Zelltod nicht mehr und sie vermehren sich unkontrolliert. Um neue therapeutische Angriffspunkte zu finden, müssen wir dringend verstehen, was in diesen Zellen falsch läuft.“, erklärt Bassermann.

Die Wissenschaftler analysierten deshalb Zellproben von menschlichen Mantelzelllymphomen, um diese auf Fehler in der DNA zu untersuchen. Sie entdeckten dabei eine Region, die bei fast 30 Prozent der Patienten mutiert und damit defekt war. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass dieser Bereich dazu notwendig ist das Enzym Ubiquitin-Ligase FBXO25 herzustellen. “Es ist bereits bekannt, dass Ubiquitin-Ligasen am Abbau von Proteinen in der Zelle beteiligt sind. Wir konnten jetzt zeigen, wie sie zur Entstehung von Lymphdrüsenkrebs beitragen können.“, so Bassermann.

Verhindern des programmierten Zelltodes ermöglicht Vermehrung der Krebszellen

In zahlreichen Experimenten entschlüsselten die Wissenschaftler einen neuen Signalweg, der den programmierten Zelltod einleitet. Damit eine Zelle mit ihrer eigenen Zerstörung beginnen kann, muss sie zuerst ein Protein abbauen, das bei gesunden Zellen die Einleitung des Selbstzerstörungsprozesses verhindert. Wie die Forscher entdeckten, markiert die Ubiquitin-Ligase FBXO25 unter normalen Bedingungen genau dieses Protein mit einem Signalmolekül. So gekennzeichnet wird es von der zellulären Müllabfuhr entsorgt.

„Ein Fehler in der Ubiquitin-Ligase führt dazu, dass dieser Mechanismus nicht mehr funktioniert. Die betroffenen Tumorzellen zerstören sich nicht mehr selbst und wachsen unkontrolliert.“, beschreibt Bassermann die Folgen. Zudem konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Zellen mit einer Mutation in FBXO25 wesentlich schlechter auf Chemotherapeutika ansprachen – und damit die Tumorzellen noch unangreifbarer machten. Bei manchen der untersuchten Krebszellen war sogar das „Überlebensprotein“ selbst mutiert, das aufgrund dieser Mutation gegen seinen eigenen Abbau resistent war. Auch diese genetische Veränderung verhinderte eine Einleitung der natürlichen Selbstzerstörung.

Nachdem die Wissenschaftler den neuen Signalweg aufgeklärt hatten, führten sie einen weiteren Test zur Aufklärung seiner Relevanz für die Krebsentstehung durch: Sie behandelten die Krebszellen so, dass sie wieder eine funktionsfähige Variante der Ubiquitin-Ligase bilden konnten. Die Krebszellen, die sich vorher durch den genetischen Defekt unkontrolliert geteilt hatten, zerstörten sich nun wieder selbst.

Aber was in Zellkultur inzwischen Routine ist – ein defektes Gen durch ein funktionstüchtiges zu ersetzten – ist im lebenden Patienten bisher noch nicht gelungen. Dazu müsste man gentechnische Methoden anwenden, die bisher noch große Sicherheitsrisiken bergen. Dennoch könnte eine Berücksichtigung der neuen Forschungsergebnisse bei der Therapie von Mantelzelllymphomen sehr hilfreich sein.

Technische Universität München, 18.12.2014

 

Originalpublikation:
Baumann U., Fernández-Sáiz V., Rudelius M., Lemeer S., Rad R., Knorn A.M., Slawska J., Engel K., Jeremias I., Li Z., Tomiatti V., Illert A.L., Targosz B.S., Braun M., Perner S., Leitges M., Klapper W., Dreyling M., Miething C., Lenz G., Rosenwald A., Peschel C., Keller U., Kuster B., and F. Bassermann, Disruption of the PRKCD-FBXO25-HAX-1 axis attenuates the apoptotic response and drives lymphomagenesis, Nature Medicine, 20, 1401-1409 (2014). DOI: 10.1038/nm.3740

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