Jedes zusätzliche Grad Celsius verringert die Ernteerträge beim Weizen um sechs Prozent

Weizenfeld. © public domain.

Weizenfeld. © public domain.

Weizen leistet einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Weltbevölkerung. Doch durch den Klimawandel sind seine Erträge gefährdet: Jedes zusätzliche Grad Celsius verringert die Weizenproduktion im Schnitt um sechs Prozent. Das bedeutet weltweite Ertragseinbußen von 42 Millionen Tonnen. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forscherteam. In ihrer Studie verglichen die Wissenschaftler verschiedene Ertragsmodelle für Weizen mit experimentell gewonnenen Daten und nutzten die so optimierten Modelle für eine zuverlässigere Ertragsabschätzung unter steigenden Temperaturen.

Wie viel Getreidekörner eine Weizenpflanze produziert, hängt neben der Nährstoffversorgung vor allem auch vom Klima ab: Trockenheit und hohe Temperaturen haben in der Regel Ertragseinbußen zur Folge. Der Weltklimarat (IPCC) geht von einer möglichen Erwärmung der durchschnittlichen Lufttemperatur um 1,1 bis 6,4 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 aus. Damit wird neben dem Trockenstress auch der Hitzestress für die Pflanzen zunehmen. Wie sich das auf die Ernten auswirkt, sollen Wachstumsmodelle vorhersagen. Das Wissenschaftlerteam verglich insgesamt 30 solcher Computersimulationsmodelle miteinander.

„Mit steigenden Lufttemperaturen nehmen die Unsicherheiten bei allen Modellen zu. Aber gerade diese Daten werden für Klimafolgeabschätzungen zu den Weizenerträgen dringend gebraucht“, erklärt Frank Ewert vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) der Universität Bonn.

Forscher testeten die Zuverlässigkeit der Wachstumsmodelle

Jedes Wachstumsmodell beruht auf einem vereinfachten Abbild der Realität, denn aufgrund der komplexen Zusammenhänge kann nur ein Bruchteil der relevanten Faktoren in den Simulationen berücksichtigt werden. Da die, den unterschiedlichen Modellen zugrunde liegenden Annahmen verschieden sind weichen auch ihre Vorhersagen voneinander ab. Um die Zuverlässigkeit der Wachstumsmodelle für Weizen zu überprüfen verglichen die Wissenschaftler die, durch die Modelle für bestimmte Temperaturen vorhergesagten Erträge mit Daten aus Feldexperimenten. Bisher war noch kein einziges der 30 Computermodelle systematisch mit experimentellen Ertragsdaten für verschiedene Temperaturen überprüft worden.

An einem Standort in Arizona (USA) wurde Weizen zu unterschiedlichen Zeiten ausgesät. Je nach Jahreszeit lagen dort die mittleren Lufttemperaturen während der Anbauperioden zwischen 15 und 26 Grad Celsius. Darüber hinaus nutzten die Wissenschaftler Ertragsdaten des International Maize and Wheat Improvement Centers (CIMMYT) aus verschiedensten Klimaregionen. Alle Pflanzen waren ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt, allein die Celsiusgrade variierten. „Das war eine ideale Versuchsanordnung, um die ertragsbeeinflussende Wirkung steigender Lufttemperaturen im Anbauexperiment nachzuvollziehen“, berichtet Ewert.

Mit Hilfe der 30 verschiedenen Computermodelle berechneten die Forscher die zu erwartenden Erträge für die jeweiligen Temperaturstufen und verglichen diese mit den tatsächlich auf den Feldern gewonnenen Erträgen. „Gerade bei höheren Lufttemperaturen wichen die, mit den Computersimulationen berechneten von den experimentell beobachteten Weizenerträgen zunehmend ab – nicht ein einziges Wachstumsmodell traf die richtigen Werte in allen Experimenten“, sagt der Forscher. Das Wissenschaftlerteam fasste daraufhin die Resultate aus den verschiedenen Modellen zusammen und stellte fest, dass jeweils der statistische Mittelwert (Median) den im Feld gemessenen Werten am nächsten kam.

Die Daten weisen auf eine bedrohliche Entwicklung hin

Die Wissenschaftler schließen daraus, dass sich mit dem Mittelwert aus allen Computermodellen deutlich bessere Prognosen errechnen lassen, als nur mit einzelnen Modellen. In einer globalen Anwendung kam das Forscherteam mit dieser Methode zu dem Ergebnis, dass sich mit jedem zusätzlichen Grad Celsius die Weizenerträge um etwa sechs Prozent verringern werden. Umgerechnet auf die Weltproduktion bedeutet dies, dass ein Grad mehr zu einer Ernteeinbuße von 42 Millionen Tonnen Weizen führt. Gerade in den wirtschaftlich ärmeren und zudem heißen und trockenen Regionen könnten die Ertragseinbußen sogar noch größer sein.

Die Daten zeigen eine weitere bedrohliche Entwicklung auf: Schon geringe Temperaturanstiege führen beim Weizen voraussichtlich zu höheren Ertragseinbußen als vermutet. „Wenn nun die Schwachpunkte der Modelle analysiert und verbessert werden, können wir noch treffsicherer das Weizenwachstum in einer wärmeren Zukunft vorhersagen“, sagt Ewert. Über eine Verringerung der Produktion von Treibhausgasen hinaus würden neue, hitzeresistentere Weizensorten benötigt, die an die jeweilige Region besser angepasst sind, um die Ernteeinbußen durch den Klimawandel abzumildern.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 22.12.2014

 

Originalpublikation:
S. Asseng, F. Ewert, P. Martre, R. P. Rötter, D. B. Lobell, D. Cammarano, B. A. Kimball, M. J. Ottman, G. W. Wall, J. W. White, M. P. Reynolds, P. D. Alderman, P. V. V. Prasad, P. K. Aggarwal, J. Anothai, B. Basso, C. Biernath, A. J. Challinor, G. De Sanctis, J. Doltra, E. Fereres, M. Garcia-Vila, S. Gayler, G. Hoogenboom, L. A. Hunt et al. Rising temperatures reduce global wheat production, Nature Climate Change 2014, DOI: 10.1038/nclimate2470

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