Gesündere Kühe, besser an den Klimawandel angepasste Maispflanzen: Das Synbreed-Projekt beruhen auf DNA-Analysen, die Merkmale erkennen lassen, aufgrund derer sich Tiere und Pflanzen besonders gut für die Züchtung eignen. Im Vergleich zu sonst üblichen Verfahren führt die genombasierte Züchtung deutlich schneller – und mit vorhersagbaren Ergebnissen – zum Erfolg.
Landwirtschaft und Züchtung sind untrennbar miteinander verbunden. Seit jeher haben Menschen besonders ertragreiche oder widerstandsfähige Obst- und Getreidepflanzen oder Tiere miteinander gekreuzt, um günstige Eigenschaften an deren Nachkommen weiterzugeben.
Allerdings ist konventionelle Züchtung langwierig, da man zwar das erwünschte Merkmal – zum Beispiel „bessere Widerstandsfähigkeit gegen Klimaschwankungen“ – kennt, aber nicht immer dessen genetische Grundlagen. Daher lässt sich vorab nur schwer abschätzen, ob die Elterntiere oder -pflanzen das Merkmal tatsächlich vererben. Der Erfolg der Züchtung zeigt sich erst in den nachfolgenden Generationen. Oft dauert es Jahrzehnte, bis eine Eigenschaft dauerhaft in einer Tier- oder Pflanzenlinie verankert ist.
Um Züchtungsprozesse zu verbessern und dabei genombasierte Ansätze von Grund auf zu erforschen, wurde 2009 der Cluster Synbreed unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM) ins Leben gerufen.
„Big Data“ liefert Antworten für erfolgreiche Züchtung
Wie robust eine Eierschale ist oder wie gut eine Pflanze mit salzhaltigen Böden zurechtkommt, hängt oft von kleinen Unterschieden in der DNA ab. In dem Projekt ermittelten die Wissenschaftler das Erbgut verschiedener Maissorten, sowie von Rindern und Hühnern – und analysierten jeweils tausende von Individuen. Auf diese Weise wollten sie Genkombinationen identifizieren, die den gewünschten Merkmale zugrunde liegen.
„Der Big Data-Ansatz lieferte über mehrere Jahre hinweg die Genominformation verschiedener Phänotypen“, erklärt Projektleiterin Chris-Carolin Schön vom TUM-Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung. „So konnten wir zum Beispiel den Zuchtwert neuer Maislinien mit hoher Genauigkeit schätzen und feststellen ob sie auch bei wechselnden Umweltbedingungen, wie zum Beispiel Kälte im Frühjahr oder Hitze im Sommer, eine konstant gute Leistung erzielen.“
Im Fokus: Gesündere und widerstandsfähigere Tiere
In der Tierzucht ist es seit 2009 Praxis, genetische Fingerabdrücke von Zuchtbullen zu sammeln. Im Synbreed-Projekt fand das Team von Ruedi Fries (TUM-Lehrstuhl für Tierzucht) heraus, welche Genabschnitte beim Fleckvieh für eine dunkle Fellfärbung an den Augen sorgen. Wie eine Sonnenbrille schützt das Pigment die Tiere vor krebserregenden UV-Strahlen. „Das Merkmal ist daher besonders für Fleckvieh in südlichen Ländern wichtig und kann jetzt gezielt gezüchtet werden“, sagt Fries.
Die Forscher spürten außerdem einen Gendefekt auf, der Zuchtbullen nahezu unfruchtbar macht. „Dank der in Synbreed entwickelten Techniken lassen sich Zuchterfolge doppelt so schnell erzielen als mit herkömmlichen Methoden“, so Fries. Er ist auch davon überzeugt, dass der genombasierte Ansatz gesündere Tiere hervorbringen wird, „weil wir krankmachende Genvarianten erkennen und künftig ausschließen können.“
Die Synbreed-Ergebnisse von Fries fließen außerdem in das internationale 1000-Bullen-Genom-Projekt“ ein, das Zuchtbullen-Genome der vier weltweit am meisten verbreiteten Rinderrassen sequenziert.
Legehennen: Züchtungserfolge in deutlich kürzerer Zeit
Auch bei Legehennen geht es neben reinen Leistungsmerkmalen – wie der Legeleistung oder Qualität des Eis – um die Gesundheit der Tiere, wie Henner Simianer vom Fachbereich Tierzucht und Genetik an der Universität Göttingen erläutert: „Die genomischen Analysen helfen uns dabei, komplexe Merkmale zu untersuchen – zum Beispiel die Sterblichkeit oder das Verhalten gegenüber anderen Tieren.“ Zudem stellen sich Zuchterfolge beim Huhn um zehn bis 30 Prozent schneller ein.
Eine wichtige Rolle spielten die DNA-Analysen auch für die Bestimmung der genetischen Vielfalt, die sich durch Züchtung meist verringert. Untersucht wurden 160 weltweit verbreitete Hühnerrassen. Das Ergebnis: Insbesondere Zuchtlinien mit weißen Eiern weisen eine reduzierte Diversität auf. Das könnte die züchterische Flexibilität innerhalb dieser Linien einschränken, wobei zwischen den kommerziellen Zuchtlinien sowie außerhalb dieses Genpools eine große genetische Vielfalt besteht.
Hohes Zuchtpotenzial durch genetische Vielfalt beim Mais
Ob sich beim Mais ein bestimmtes Merkmal durchsetzt, lässt sich erst nach der Aussaat beziehungsweise bei der Ernte feststellen. „Mit den neuen Technologien können wir jetzt viel effektiver abschätzen, welche Pflanzen als Kandidaten für einen Zuchterfolg in Frage kommen – und damit auch den Erfolg erhöhen“, stellt Schön fest.
Außerdem kann man mit Genomanalysen jetzt auch außerhalb der Vegetationszeit auf komplexe Merkmale selektieren, zum Beispiel an Nachkommen, die im Winter im Gewächshaus oder auf der Südhalbkugel angebaut werden.
Die Genomanalysen deuten zudem darauf hin, dass sich auch beim Mais die genetische Vielfalt durch Züchtung verändert hat. Manche Genombereiche haben stark an Vielfalt verloren, andere Genomregionen bergen noch großes, ungenutztes Potential für die Züchtung – dieses gilt es einzuordnen und künftig zu nutzen.
Synbreed – eine Erfolgsgeschichte
„Das Synbreed-Projekt hat revolutionäre Erfolge in der Züchtungsforschung erzielt“, resümiert Schön. „Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass einige auf Züchtung spezialisierte Unternehmen unsere Methoden bereits in großem Stil anwenden.“
Zudem hat das Projekt bedeutende Impulse für die Agrarforschung am TUM-Standort Weihenstephan gesetzt – bis hin zu strukturellen Veränderungen im Forschungsbereich. Mit Synbreed hat die TUM an Sichtbarkeit in der internationalen agrarwissenschaftlichen Forschungslandschaft gewonnen, wovon zahlreiche Publikationen und weiterführende Kooperationsprojekte zeugen.
Technische Universität München, 05.03.2015.
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