Weltweit ist Herzversagen die häufigste Todesursache. Grund dafür sind gravierende Schäden am menschlichen Herzen, die dazu führen, dass Herzmuskelzellen unwiederbringlich absterben. Das schwächt die Herzfunktion und kann tödlich enden. Bei Zebrafischen und Amphibien dagegen sieht die Situation ganz anders aus: Ist ihr Herz geschädigt und sind Herzmuskelzellen abgestorben, so sind sie dazu in der Lage aus den verbleibenden Herzmuskelzellen wieder neue Zellen zu bilden – ihr Herz kann sich folglich regenerieren. Wissenschaftler haben nun eine mögliche Erklärung gefunden, warum dies bei menschlichen Herzzellen nicht möglich ist.
Beim Menschen und allen anderen Säugetieren verlieren die meisten Herzmuskelzellen kurz nach der Geburt ihre Fähigkeit sich zu teilen. Warum dies so ist und ob es eine Möglichkeit gibt die Vermehrung von Herzmuskelzellen und damit die Regeneration des Herzens wiederherzustellen war bisher unbekannt.
Die Forscher David Zebrowski und Felix B. Engel vom Universitätsklinikum Erlangen haben nun mit ihrem Team eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen gefunden. „Wir haben in unserer Studie entdeckt, dass das Zentrosom in Herzmuskelzellen in einem schleichenden Prozess, der kurz nach der Geburt abgeschlossen ist, zerfällt”, sagt Engel. „Ein Teil der Proteine verlässt das Zentrosom und lagert sich an die Membran des Zellkerns an, in dem die DNA gelagert ist. Dieser Prozess führt dazu, dass das Zentrosom in seine zwei sogenannten Zentriole zerfällt. Und dadurch verliert die Zelle ihre Fähigkeit, sich zu vermehren.“
Das Zentrosom ist ein Zellorganell. Wenn das Zentrosom einer Zelle nicht intakt ist, kann sie sich nicht mehr in zwei Tochterzellen teilen. Die Forscher haben nun untersucht, ob über den Zustand der Zentrosomen die Vermehrung bestimmter Zellen kontrolliert wird.
Dramatischer Unterschied zwischen Säugetieren, Fischen und Amphibien
„Mit großer Überraschung haben wir festgestellt, dass das Zentrosom in Herzmuskelzellen von Zebrafischen und Lurchen bis ins Erwachsenenalter intakt bleibt”, sagt David Zebrowski, der sich seit fünf Jahren mit der Forschung an Zentrosomen beschäftigt. „Damit haben wir zum ersten Mal einen wesentlichen Unterschied zwischen den Herzmuskelzellen von Säugetieren und Zebrafischen sowie Lurchen entdeckt, der erklären kann, warum der Mensch sein Herz nicht regenerieren kann.“
Diese natürliche Regulation der Zentrosomen-Integrität in Herzmuskelzellen von Säugetieren eröffnet für die Forscher vielfältige Möglichkeiten: Einerseits könnten die neuen Erkenntnisse möglicherweise dazu genutzt werden die Herzmuskelzellen beim Menschen künstlich zur Teilung anzuregen und damit eine Regeneration des Herzens einzuleiten. Andererseits könnten sie nun gezielt nach Herzmuskelzellen suchen, deren Zentrosomen-Integrität noch bewahrt ist und die sich möglicherweise noch teilen können. Darüber hinaus könnte eine Aufklärung des genauen Mechanismus auch für die Therapie anderer Krankheiten genutzt werden, etwa um das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen einzudämmen.
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, 6. August 2015
Originalpublikation:
David C Zebrowski, Silvia Vergarajauregui, Chi-Chung Wu, Tanja Piatkowski, Robert Becker, Marina Leone, Sofia Hirth, Filomena Ricciardi, Nathalie Falk, Andreas Giessl, Steffen Just, Thomas Braun, Gilbert Weidinger, Felix B Engel. Developmental alterations in centrosome integrity contribute to the post-mitotic state of mammalian cardiomyocytes. eLife 2015;10.7554/eLife.05563. DOI: 10.7554/eLife.05563