Wechselvolle Geschichte der Partnerschaft zwischen Ameisen und Pflanzen

Ameisen auf einer Akazie. © Ryan Somma. CC BY-SA 2.0

Ameisen auf einer Akazie. © Ryan Somma. CC BY-SA 2.0

Symbiosen zwischen Ameisen und Pflanzen sind meist für beide Seiten von Vorteil: Als Gegenleistung für ihren Schutz vor Schädlingen erhalten die Ameisen Kost und Logis von ihrer Wirtspflanze. Der Frage wie sich solche Beziehungen entwickeln ist nun ein Forscherteam nachgegangen. Dabei zeigte sich, wie dynamisch sich solche Symbiosen herausbilden.

Die Familie der Pseudomyrmecinae umfasst 230 Ameisenarten, die in den Tropen und Subtropen beheimatet sind. 32 von ihnen leben in besonderen Hohlräumen, sogenannten Domatien, die Pflanzen extra für sie ausgebildet haben. Diese Hohlräume stehen ihnen bei insgesamt fünf verschiedene Pflanzengattungen zur Verfügung. Typische Ameisenpflanzen in Süd- und Mittelamerika sind etwa Akazien der Gattung Vachellia. Sie bilden Dornen, die innen hohl sind, damit verschiedene Ameisen der Gattung Pseudomyrmex diese als Nistplatz nutzen. Eine solche Ameisenkolonie kann sich über mehrere Bäume erstrecken. Darüber hinaus bieten die Akazien den Ameisen als Nahrungsquellen zuckerhaltigen Nektar, den sie durch Drüsen an den Blattstielen ausscheiden, sowie protein- und fettreiche Futterkörperchen. Im Gegenzug verteidigen die Ameisen ihre Wirtspflanzen gegen Fressfeinde, Parasiten und konkurrierende Pflanzen. Bei dieser als Mutualismus bezeichneten Symbiose profitieren beide Partner. Es gibt jedoch auch parasitische Ameisenarten, die die Vorteile der Pflanzen ohne Gegenleistung nutzen. Ein internationales Forscherteam versuchte nun zu klären, wie solche Beziehungen entstehen und sich weiterentwickeln.

Akazien

Akazien der Gattung Vachellia, wie diese Kugelkopfakazie, bilden Dornen mit Hohlräumen, um Ameisen Wohnraum zu bieten. © Kurt Stüber. CC BY-SA 3.0.

Ausgeprägte Dynamik

Um zu klären, wie sich im Laufe der Evolution die Beziehung zwischen Ameisen und ihren Wirtspflanzen herausgebildet hat, erstellten die Wissenschaftler sowohl für die Wirtspflanzen als auch für die Ameisen jeweils einen phylogenetischen Stammbaum. Mit seiner Hilfe lässt sich nachvollziehen, wie sich Verwandtschaftsbeziehungen im Laufe der Evolution entwickelt haben. Durch den Vergleich beider Stammbäume entschlüsselten die Forscher, welche Ameisenart wann welche Pflanze besiedelte. Zur Überraschung der Forscher war dabei die Partnerwahl keineswegs festgelegt: Je länger eine Art auf eine symbiontische Partnerschaft spezialisiert war, desto wahrscheinlicher war es, dass ihr Partner im Lauf der Zeit verloren ging oder durch einen anderen verdrängt wurde. Seine ökologische Nische wurde dann von einem anderen Symbionten besetzt. So können etwa die Domatien einer Pflanze auch von anderen Ameisenarten bewohnt werden. Das wird besonders deutlich im Falle der parasitischen Ameisen: Sie sind stammesgeschichtlich immer jünger als die Domatien, in denen sie wohnen. Denn diese wurden von der Pflanze im Rahmen einer Symbiose entwickelt. Parasitische Ameisen stammen daher vermutlich nicht von den ursprünglich symbiontischen Bewohnern ab, sondern eher von Generalisten, die einfach die bereits vorhandenen Ressourcen nutzten.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich manche Pflanzengattungen zunächst gemeinsam mit bestimmten Ameisengruppen weiterentwickelten, dann von anderen Arten derselben Gruppe kolonisiert und schließlich von Ameisen aus einer ganz anderen Gruppe besiedelt wurden“, sagt Renner. Durch diese Fluktuation kann man eine Co-Diversifizierung, also eine gemeinsame Weiterentwicklung von Wirt und Symbiont, nur bei relativ jungen Gruppen nachweisen: „Für Ameisen aus der Pseudomyrmex ferrugineus-Gruppe und Vachellia-Akazien konnten wir eine Co-Diversifikation zeigen“, sagt Susanne Renner von der Universität München. Die Symbiose zwischen den beiden Partnern besteht „nur“ seit fünf Millionen Jahren. Evolutionsgeschichtlich ein kurzer Zeitraum – trotzdem gibt es auch bei dieser Wirtspflanze schon wieder Arten, die auch noch von anderen, jüngeren Ameisenarten besiedelt werden.

Universität München, 24.11.2015

 

Originalpublikation:

Chomicki G, Ward PS, Renner SS. Macroevolutionary assembly of ant/plant symbioses: Pseudomyrmex ants and their ant-housing plants in the Neotropics. Proc Biol Sci. 2015 Nov 22;282(1819). pii: 20152200. doi: 10.1098/rspb.2015.2200.

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