Die „Schweinegrippe“ geht wieder um

@El Alvi CC BY 2.0

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Wie jedes Jahr um diese Zeit häufen sich in den letzten Wochen wieder die Influenzafälle. Wie drei Grippeexperten des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung (HZI) berichten, sind dieses Jahr besonders die mittleren Altersgruppen von der derzeitigen Grippewelle betroffen. Das liegt daran, dass dieses Jahr wieder der gleiche Virusstamm kursiert, der als Erreger der „Schweinegrippe“ im Jahre 2009 durch die Medien ging.

„Wir können aktuell einen Anstieg beobachten, der nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit ist. Nach dem bisherigen Verlauf zu urteilen, erwarten wir den Höhepunkt in etwa zwei bis drei Wochen“, sagt Klaus Schughart, Leiter der Abteilung Infektionsgenetik am HZI. Wie stark die Grippewelle in diesem Jahr wird und ob der Höhepunkt wirklich wie erwartet auftritt, lässt sich dagegen im Moment noch nicht sagen.

Ein entscheidender Unterschied zu vergangenen Grippewellen zeichnet sich dagegen bereits ab, denn dieses Jahr ist vorwiegend eine Bevölkerungsgruppe betroffen, die normalerweise kaum unter ihr zu leiden hat. „Die aktuelle Grippewelle trifft nach ersten Erkenntnissen Menschen mittlerer Altersgruppen, also Menschen zwischen 15 und 59 Jahren, häufiger und schwerer, als bei Grippewellen, die von anderen Virusstämmen dominiert werden. Normalerweise sind vor allem Kinder und ältere Menschen, also Menschen mit einem noch nicht ausgereiften oder bereits geschwächten Immunsystem betroffen“, berichtet Gérard Krause, Leiter der Abteilung Epidemiologie.

Dominant ist in diesem Jahr der Virusstamm A(H1N1)pdm09. „Etwa 70 Prozent der bisherigen Erkrankungen sind auf diesen Virusstamm zurückzuführen. Im letzten Jahr waren es nur etwa 15 Prozent. Damals dominierte der H3N2-Stamm“, erklärt Carlos Guzmán, Leiter der Abteilung Vakzinologie. Die derzeit dominierende Variante des H1N1-Stammes ist noch sehr jung und trat erstmals 2009 auf. Da die Variante zunächst bei Schweinen zirkulierte, erhielt sie damals den Beinamen „Schweinegrippe“. „Inzwischen ist diese Bezeichnung aber nicht mehr sinnvoll, denn der Virusstamm wird mittlerweile hauptsächlich von Mensch zu Mensch übertragen. Die Übertragung von Schwein zu Mensch spielt hier epidemiologisch keine Rolle mehr“, sagt Krause.

Wie schon im Jahr 2009 treten nun wieder vergleichsweise oft schwere Erkrankungen in der mittleren Altersgruppe auf. „Ein Grund dafür ist vermutlich, dass diese Altersgruppe noch nicht so häufig Gelegenheit hatte, eine Immunität gegen den Virusstamm aufzubauen. Das liegt daran, dass wir es mit einer relativ neuen Variante zu tun haben“, erklärt Krause. Unser Körper kann nur gegen solche Viren eine Immunität entwickeln, mit denen er einmal Kontakt hatte und die er erfolgreich bekämpft hat. Diese Immunität kann entweder durch eine Impfung zustande kommen oder durch eine natürliche Infektion. „Personen mittleren Alters hatten vielleicht einfach noch keinen Kontakt mit einem Virusstamm, der dem aktuellen ähnlich ist. Deshalb sind sie schlechter geschützt, als ältere Menschen, die einer ähnlichen Variante des Virus bereits begegnet sind“, vermutet Guzmán.

Ob der aktuell empfohlene Grippeimpfstoff die Grippewelle aufhalten kann, lässt sich dagegen kaum voraussagen. „Vorläufige Daten aus der Saison 2013/2014 hatten gezeigt, dass der Influenza-Impfstoff gegen den aktuell dominierenden Virusstamm A(H1N1)pdm09 nur eine mäßige Wirksamkeit hatte. Wie sich das in dieser Saison verhält, kann jetzt noch nicht abgeschätzt werden“, berichtet Krause. Im Winter 2014/2015 zeigte der Impfstoff eher eine schlechte Wirkung. „Der Grund war vor allem, dass sich das Virus während der Saison verändert hat. Gegen den Virustyp vom letzten Jahr wirkt der aktuelle Impfstoff sehr gut. Wie er gegen den aktuell dominierenden Stamm wirkt, lässt sich noch nicht sagen“, erklärt Guzmán.

Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung, 24.02.2016

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