Seit längerem weiß man, dass ein Eisenmangel die Herzinsuffizienz verschlimmert. Doch dieser Prozess ist umkehrbar, wie Forscher nun herausgefunden haben. Durch eine Eisengabe kann sich bei Mäusen eine durch Eisenmangel hervorgerufene Herzinsuffizienz wieder zurückbilden.
Menschen mit Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) leiden häufig an einem Eisenmangel. Wenn sie mit Eisen behandelt werden, fühlen sie sich wieder besser, sind belastbarer, müssen seltener ins Krankenhaus und leben womöglich länger. Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun den Grund für dieses Phänomen herausgefunden. Damit erklären sie nicht nur die positiven Effekte einer Therapie mit Eisen, die Ärzte und Patienten schon länger beobachten, sondern auch, warum Eisen so wichtig für die Funktion des Herzens ist.
Eisen ist ein Spurenelement, das alle Lebewesen mit der Nahrung aufnehmen müssen. Seit einigen Jahren weiß man, dass bereits ein leichter Eisenmangel bei Herzinsuffizienz nachteilig ist, selbst wenn noch keine Blutarmut (Anämie) vorliegt. Bei Eisenmangelanämie können nicht genug rote Blutkörperchen gebildet werden, die den Sauerstoff im Körper transportieren. Hier ist es offensichtlich, dass man schnell müde wird und körperlich schlechter belastbar ist. „Eisen ist aber nicht nur für den Sauerstofftransport wichtig, sondern wird auch in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien, benötigt. Bei Eisenmangel können die Mitochondrien weniger Energie produzieren. Gerade der Herzmuskel ist aber für seine Pumpfunktion auf eine hohe Energiezufuhr angewiesen“, erläutert Tibor Kempf von der MHH.
Um herauszufinden, wie der Eisenhaushalt in Herzmuskelzellen reguliert wird, haben die Forscher sogenannte IRP-Proteine in Herzmuskelzellen von Mäusen ausgeschaltet. „IRP-Proteine regulieren den Eisengehalt der Zelle. Werden IRP-Proteine inaktiviert, kann weniger Eisen in die Zelle aufgenommen werden. Für lebenswichtige Stoffwechselvorgänge steht nicht mehr genügend Eisen zur Verfügung, die Mitochondrien können dann schlechter arbeiten“, erläutert Wollert.
Mäuse, bei denen die IRP-Proteine ausgeschaltet wurden, entwickelten einen Eisenmangel im Herzen, nicht jedoch im Blut und in anderen Organen. Unter Ruhebedingungen merkte man den Tieren nichts an, doch bei körperlicher Belastung konnten ihre Herzen die Pumpfunktion nicht steigern; nach Herzinfarkt entwickelten die Tiere eine ausgeprägte Herzinsuffizienz. Ursache war eine zu geringe Energieproduktion in den Mitochondrien. Als die Forscher den Mäusen Eisen verabreichten, konnten diese ihre Eisenspeicher im Herzen auffüllen, die Herzmuskelzellen produzierten wieder ausreichend Energie, und die Herzfunktion normalisierte sich.
Die Herzinsuffizienz zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland und wird durch Herzinfarkte, Bluthochdruck oder Herzklappenfehler verursacht. Wie die Forscher zeigen konnten, spielt eine verminderte Aktivität der IRP-Proteine auch bei Patienten eine Rolle. „Eisenmangel ist also nicht nur ein Zeichen für eine schlechte Prognose, sondern auch Ursache für die schlechte Prognose von Patienten mit Herzinsuffizienz. Und er kann leicht behoben werden“, betont Johann Bauersachs, Direktor der MHH-Klinik für Kardiologie und Angiologie.
Seit diesem Jahr wird Medizinern in den neuen Leitlinien empfohlen, Patienten mit Herzinsuffizienz Eisen zu verschreiben, wenn sie einen Eisenmangel haben. Mehrere klinische Studien überprüfen derzeit, ob die Eisengabe nicht nur Symptome verbessern, sondern auch das Leben der Patienten verlängern kann.
Medizinische Hochschule Hannover, 24. August 2016
Originalpublikation:
Haddad S, Wang Y, Galy B, Korf-Klingebiel M, Hirsch V, Baru AM, Rostami F, Reboll MR, Heineke J, Flögel U, Groos S, Renner A, Toischer K, Zimmermann F, Engeli S, Jordan J, Bauersachs J, Hentze MW, Wollert KC, Kempf T. Iron-regulatory proteins secure iron availability in cardiomyocytes to prevent heart failure. Eur Heart J. 2016 Aug 21. pii: ehw333. doi: 10.1093/eurheartj/ehw333