Lechtal vor 4000 Jahren: Frauen kamen aus der Fremde

Lechtal. © Simonm. CC BY-SA 3.0. Wikimedia Commons.

Am Ende der Steinzeit und zu Beginn der Bronzezeit wurden Familien im Lechtal, südlich von Augsburg, auf überraschende Weise gegründet: Die meisten Frauen kam aus der Fremde, wohl aus Böhmen oder Mitteldeutschland, während die Männer vorwiegend aus der Region stammten. Und dieses Phänomen war keineswegs vorübergehend, lässt es sich doch über einen Zeitraum von 800 Jahren beobachten.

Bereits im 3. und frühen 2. Jahrtausend prägte eine unerwartet hohe Mobilität das Leben der Menschen in Mitteleuropa. Zu diesem Schluss kommt ein deutsches Forscherteam. Dies spielte eine wesentliche Rolle beim Austausch von Kulturgütern und Ideen. Ein Phänomen, das in der Bronzezeit deutlich zunahm und die Entwicklung neuer Technologien förderte.

Zu dieser Zeit wurde Süddeutschland von Ackerbauern und Viehzüchtern bewohnt, deren Vorfahren etwa 3000 Jahre zuvor über das Karpatenbecken aus Anatolien und Syrien eingewandert waren. Im Rahmen der Studie untersuchten die Forscher menschliche Überreste von 84 Individuen genetisch und mit Hilfe von Isotopenanalysen und werteten diese archäologisch aus. Die Menschen waren zwischen 2500 und 1650 vor Christus in Gräberfeldern beigesetzt worden, jeweils zu einem einzelnen Gehöft gehörten. Sie enthielten zwischen einer und ein paar Dutzend Bestattungen, welche von mehreren Generationen stammen. Die Gehöfte liegen hintereinander in einer Reihe auf einem fruchtbaren Lössrücken des Lechtals. Größere Dörfer gab es dort damals nicht.

Zu ihrer eigenen Überraschung fanden die Forscher bei ihrer genetischen Analysen eine große Diversität der weiblichen Linien. Das legt nahe, dass viele der Frauen aus der Fremde in das Tal einwanderten. Das gleiche Bild ergab auch eine Analyse der Strontium-Isotopenverhältnisse der Backenzähne der Verstorbenen. Sie erlaubt Rückschlüsse auf die Herkunft der Personen. Die Art ihrer Beisetzung zeigt dagegen, dass die Frauen in die soziale Gemeinschaft integriert waren. Denn sie wurden genauso bestattet, wie die Einheimischen.

Dies zeigt welche Bedeutung die weibliche Mobilität für den kulturellen Austausch in der Bronzezeit hatte und wie außerordentlich mobil die frühen Menschen waren. Demnach könnten sich Phänomene, die man bisher auf die Migration von Gruppen zurückgeführt hat, auch als eine institutionalisierte Form der Mobilität einzelner Menschen entpuppen.

Max-Planck-Gesellschaft, 6. September 2017

Originalpublikation:

Corina Knipper et al. Female exogamy and gene pool diversification at the transition from the Final Neolithic to the Early Bronze Age in Central Europe. PNAS 2017. doi: 10.1073/pnas.1706355114

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