Staatenbildende Insekten: Genetischer Superschalter bestimmt Geschlecht und Status

Silberameisen überwältigen einen Käfer. © Bjørn Christian Tørrissen. CC BY-SA 3.0

Silberameisen überwältigen einen Käfer. © Bjørn Christian Tørrissen. CC BY-SA 3.0

Ameisen verfügen über einen genetischen Superschalter, der sowohl ihr Geschlecht als auch ihren späteren Status innerhalb ihres Staates bestimmt, wie Forscher nun herausgefunden haben. Andere soziale Insekten könnten einen vergleichbaren Schalter besitzen.

Bei sozialen Insekten wie Ameisen, Bienen oder Wespen entstehen Arbeiterinnen und Königinnen aus dem gleichen Genotyp. Alle Mitglieder eines Staates besitzen also die gleichen Gene. Verschiedenste Umweltfaktoren entscheiden darüber, wie sich eine Larve entwickelt. So werden etwa bei Bienen angehende Königinnen von den Arbeiterinnen mit einer speziellen Diät, dem Gelée Royale gefüttert. Welche Gene an diesen Entwicklungsprozessen im Detail beteiligt sind, war bisher jedoch noch unklar.

Ein internationales Forscherteam um Jan Oettler von der Universität Regensburg untersuchte nun exemplarisch an Ameisen welche Rolle ein Transkriptionsfaktor hat, der Gene aktiviert, die für die Entwicklung des Geschlechts verantwortlich sind. Dieses Protein, das doublesex heißt, kommt bei vielen Tieren vor und ist etwa bei Fliegen dafür verantwortlich, dass Männchen ein Körpersegment weniger haben als Weibchen.

Ameisen auf einer Akazie. © Ryan Somma. CC BY-SA 2.0

Ameisen auf einer Akazie. © Ryan Somma. CC BY-SA 2.0

Durch eingehende genetische Untersuchungen konnten die Forscher zeigen, dass das „Geschlechts-Gen“ bei Ameisen auch darüber entschiedet, ob sich ein Tier zur Arbeiterin oder Königin beziehungsweise zu einem geflügelten oder einem ungeflügelten Männchen entwickelt. „Soziale Insekten wie Ameisen mussten einen genetischen Schalter entwickeln, der den späteren Status der Jungtiere bestimmt“, erklärt Holman. „Ameisen greifen dabei auf ein Gen zurück, das sie bereits in einem anderen Zusammenhang nutzen.“

Die Forscher waren von ihrer Entdeckung überrascht, auch wenn schon zahlreiche Gene mit Doppelfunktion bekannt sind. „Dass ein Gen mit einer grundlegenden Reproduktionsfunktion wie das „Geschlechts-Gen“ bei Ameisen eine solche Doppel-Funktion aufweist, hat uns doch erstaunt“, so Oettler. „Dieser Befund dürfte auch auf andere soziale Insekten – Bienen, Wespen oder sogar Termiten – übertragbar sein.“

Universität Regensburg, 12 April 2016

Originalpublikation:

Klein A, Schultner E, Lowak H, Schrader L, Heinze J, Holman L, Oettler J. Evolution of Social Insect Polyphenism Facilitated by the Sex Differentiation Cascade, in PLOS Genetics. March 31, 2016. DOI: 10.1371/journal.pgen.1005952

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