Das unwiderstehliche Pheromon eines Buntbarsches

 Männlicher Weißkehl-Buntbarsch (Oreochromis mossambicus). © Olinda G. Almeida / Peter C. Hubbard, Centre of Marine Sciences (CCMAR), Universität der Algarve, Faro, Portugal


Männlicher Weißkehl-Buntbarsch (Oreochromis mossambicus).
© Olinda G. Almeida / Peter C. Hubbard, Centre of Marine Sciences (CCMAR), Universität der Algarve, Faro, Portugal

Tieren können auf unterschiedlichste Weise miteinander kommunizieren.  Dabei setzen sie oft auf den altbewährten Austausch von chemischen Botenstoffen. Mit Hilfe von Pheromonen können Mitglieder der gleichen Art Signale austauschen. Wissenschaftler haben nun zwei Pheromone bei Weißkehl-Buntbarsch-Männchen entdeckt, die einerseits die Aggression von Rivalen hemmen und andererseits die Paarungsbereitschaft von Weibchen fördern.

Das Verhalten des im südlichen Afrika lebenden Weißkehl-Buntbarschs (Oreochromis mossambicus, oder auch Mosambik-Tilapia) ist sehr komplex. Unter den Männchen besteht eine strenge Rangordnung, die in sogenannten Balz-Arenen ausgefochten wird. Dabei graben die Männchen in der Mitte der Arena mit ihrem Maul Vertiefungen in den Sand und bieten diese den angelockten Weibchen als Nester für den Laich an. Gleichzeitig versuchen sie andere Männchen an einer erfolgreichen Paarung zu hindern. Dominante Männchen geben bei Auseinandersetzungen mit Rivalen häufiger größere Mengen Urin ins Wasser ab als ihre unterlegenen Konkurrenten. Der Urin enthält ein Pheromon, das einerseits die Aggressivität der anderen Männchen hemmen. Gleichzeitig lockt es Weibchen zum Nest und beeinflusst deren Hormonhaushalt so, dass ihre Eireifung beschleunigt wird und sie zur Eiablage bereit sind. So können die Männchen die Laichabgabe durch die Weibchen mit ihrer eigenen Samenabgabe für die externe Befruchtung zeitlich koordinieren und auf diese Weise den Fortpflanzungserfolg garantieren.

Die Fische zeigen dieses Verhalten auch in Gefangenschaft, weshalb sich diese Buntbarsche auch sehr gut für biologische Experimente eignen. Die Wissenschaftlerin Tina Keller-Costa hat nun zusammen mit ihren Kollegen am Max-Planck-Institut in Jena die chemische Identität der Signalstoffe aufgeklärt und deren Funktionsweise überprüft. Sie sammelte Urinproben dominanter Männchen, reinigte sie in mehreren Schritten chemisch auf und überprüfte nach jedem Schritt die biologische Aktivität der Pheromone.

 Rivalisierende männliche Weißkehl-Buntbarsche im Aquarium: Das dominante Männchen (rechts) verteidigt aggressiv das Nest, eine mit dem Maul angelegte Vertiefung im Sand. Nachdem die dominanten Männchen den im Nest abgelegten Laich befruchtet haben, nehmen die Weibchen die befruchteten Eier ins Maul. Dort ist der Nachwuchs besser geschützt. © Olinda G. Almeida / Peter C. Hubbard, Centre of Marine Sciences (CCMAR), Universität der Algarve, Faro, Portugal


Rivalisierende männliche Weißkehl-Buntbarsche im Aquarium: Das dominante Männchen (rechts) verteidigt aggressiv das Nest, eine mit dem Maul angelegte Vertiefung im Sand. Nachdem die dominanten Männchen den im Nest abgelegten Laich befruchtet haben, nehmen die Weibchen die befruchteten Eier ins Maul. Dort ist der Nachwuchs besser geschützt.
© Olinda G. Almeida / Peter C. Hubbard, Centre of Marine Sciences (CCMAR), Universität der Algarve, Faro, Portugal

Zwei Pheromone sind die wichtigsten Bestandteile im Urin der Buntbarsche

Mit diesem Verfahren gelang es den Wissenschaftlern zwei Stoffe zu isolieren. Sowohl Männchen als auch Weibchen reagieren hochsensibel auf den Geruch dieser beiden Steroide. Während das Hormonsystem der Weibchen angeregt wird und ihre Fortpflanzungsbereitschaft deutlich steigt, scheinen die zwei Pheromon-Komponenten allein jedoch nicht auszureichen, um die Aggressionsbereitschaft von Rivalen zu hemmen. Deshalb gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Urin dominanter Männchen vermutlich noch weitere Substanzen enthält, die in einer komplexen Mischung die aggressionshemmende Wirkung erzielen.

Bisher sind nur ganz wenige Fisch-Pheromone chemisch bestimmt worden. „Unsere Entdeckung ist eine grundlegende Voraussetzung für weiterführende Studien, wie zum Beispiel zu den Mechanismen der Wahrnehmung und Verarbeitung dieser chemischen Signale im Gehirn der Fische, die letztendlich Eireifung und Verhaltensänderungen auslösen“, so Tina Keller-Costa, die die Untersuchungen im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchgeführt hat.

Nutzen für Aquakultur von Speisefischen

Tilapia-Buntbarsche gehören neben Karpfenfischen zu den wichtigsten in Aquakultur gehaltenen Speisefischen.  Diese Pheromone könnten dazu beitragen, die Aquakultur von Tilapia-Arten zu verbessern, indem sie die Fruchtbarkeit der Weibchen erhöhen und die Konflikte rivalisierender Männchen abmildern.

Max-Planck-Gesellschaft

 

Keller-Costa, T., Hubbard, P.C., Paetz, C., Nakamura, Y., da Silva, J. P., Rato, A., Barata, E. N., Schneider, B., Canario, A. V. M. Identity of a tilapia pheromone released by dominant males that primes females for reproduction. Current Biology, DOI: 10.1016/j.cub.2014. 07.049

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