Hybridmais: Evolutionär „junge“ Gene machen Hybride so erfolgreich

Feld  mit Maispflanzen. © Christian Fischer. CC BY-SA 3.0

Feld mit Maispflanzen. © Christian Fischer. CC BY-SA 3.0

Die Weltbevölkerung wächst stetig. Bis 2050 müssen die landwirtschaftlichen Erträge deshalb um 70 Prozent gesteigert werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei Hybridmais, weil er noch vor Reis und Weizen das Getreide mit den höchsten Kornerträgen darstellt. Er wird aus der Kreuzung verschiedener Maislinien gezüchtet und übertrifft die Produktion von reinerbigen Sorten um ein Vielfaches. Dies wird als Heterosis-Effekt bezeichnet. Die molekularen Grundlagen dieses Effekts sind jedoch noch weitgehend unverstanden. Ein internationales Forscherteam hat nun einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der molekularen Vorgänge geleistet.

Im Vergleich zu reinerbigen Linien erbringt Hybridmais häufig deutlich höhere Erträge. Dieses Phänomen wird als Heterosis-Effekt bezeichnet. Wegen der hohen Erträge sind die meisten kommerziell angebauten Getreidesorten inzwischen Hybride. Hybridmais wird durch die Kreuzung verschiedener Maislinien gezüchtet. Seine Einführung in den 1930er Jahren hat die Erträge im Vergleich zu den bis dahin eingesetzten reinerbigen Sorten um mehr als 200 Prozent erhöht. Der Züchtungsfortschritt durch die Herstellung und Auswahl geeigneter Kreuzungspartner hat die Erträge seither kontinuierlich weiter gesteigert. Dies ist auch dringend erforderlich: Bis 2050 müssen die landwirtschaftlichen Erträge um 70 Prozent gesteigert werden, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Trotz der enormen Bedeutung der Hybridzüchtung sind die genetischen und molekularen Grundlagen dieses Phänomens noch immer weitgehend unverstanden.

Frank Hochholdinger von der Universität Bonn untersucht mit seinem Team die Grundlagen des Heterosis-Effekts beim Mais. Das pflanzliche Wurzelsystem sei bisher nicht in Züchtungsansätze einbezogen worden, weil die Wurzeln im Boden schwer zugänglich und darüber hinaus auch noch komplex aufgebaut sind. Dennoch seien gerade die Wurzeln von zentraler Bedeutung. Sie erscheinen während der Keimung zuerst und nehmen die Mineralnährstoffe aus dem Boden auf. Die zentrale Frage lautet: Warum liefern mischerbige Pflanzen höhere Erträge als reinerbige? Die 1917 formulierte Komplementationshypothese besagt, dass sich die vorteilhaften Komponenten des Erbguts der Eltern in Mischlingen gegenseitig ergänzen. Diese Hypothese wurde im Jahr 2012 von einem Forscherteam unter Federführung von Frank Hochholdinger auf Ebene der Genaktivität am Beispiel von Maiswurzeln bestätigt.

Die Forscher untersuchten verschiedene Wurzelgewebe

In der aktuellen Untersuchung konzentrierten sich die Wissenschaftler auf vier verschiedene Wurzelgewebe des Maises: In einem erfolgt die Zellteilung für das Wachstum, im zweiten vergrößern sich diese Zellen auf ihre endgültige Größe, im dritten befinden sich die Leitbahnen für den Wasser- und Nährstofftransport und beim vierten handelt es sich um das Grund- und Abschlussgewebe, welches für die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen wichtig ist.

Die Forscher ermittelten die Aktivität der Gene dieser verschiedenen Wurzelgewebe bei den einzelnen Inzuchtlinien sowie den daraus gewonnen Hybriden und verglichen sie miteinander. In den Geweben waren jeweils etwa 25.000 der rund 40.000 bekannten Maisgene aktiv. In allen vier funktionell unterschiedlichen Geweben beobachteten die Wissenschaftler das Phänomen der gegenseitigen Ergänzung von Genen in Hybriden. Besonders bemerkenswert war folgendes: die Gene waren nicht in allen Geweben gleich aktiv, sondern ihre Aktivität erfolgte sehr variabel und gewebespezifisch. Diese Aktivitätsmuster wurden in allen Geweben beobachtet. Das spricht für ihre biologische Relevanz.

„Junge“ Gene machen die Hybride überlegen

Die Wissenschaftler fragten sich, ob es einen Zusammenhang zwischen dem evolutionären Alter der Gene und ihrer Aktivität gibt. Die Gesamtheit aller Maisgene – das sogenannte Genom – wurde zum letzten Mal vor etwa fünf bis zwölf Millionen Jahren verdoppelt. Mit Sequenzvergleichen kann man zwischen Genen, die vor mehr als fünf Millionen Jahren entstanden sind und jüngeren unterscheiden. Interessanterweise sind die Gene, die sich in Hybriden gegenseitig ergänzenden meistens »junge« Gene. Das erklärt man sich damit, dass die „alten“ Gene für wichtige Funktionen verantwortlich sind, ohne die die Pflanzen nicht überleben können. Deshalb konnten sich diese Gene so lange erhalten. Die „jungen“ Genen dagegen vermitteln offenbar nur kleinere Vorteile, die nicht überlebenswichtig sind. Wenn sich viele dieser kleinen Vorteile in Hybridpflanzen vereinigen, könnte dies aber zur beobachteten Überlegenheit der Hybride führen, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftler.

Rheinische Friedrich-Wilhemls-Universität Bonn, 30.10.2014

Publikation:
Nonsyntenic Genes Drive Highly Dynamic Complementation of Gene Expression in Maize Hybrids, The Plant Cell, Internet: doi: 10.​1105/​tpc.​114.​130948

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