Zellmarker erlaubt frühe Identifikation chronisch verlaufender Infektionen

Lymphozyt. © public domain.

Lymphozyt. © public domain.

Dringt ein Erreger in den Körper ein, so wird er durch spezielle Zellen des menschlichen Immunsystems bekämpft. Bisher war aber nicht bekannt, welche molekularen Eigenschaften diese Killerzellen auszeichnen. Forscher konnten jetzt erstmals einen molekularen Steckbrief dieser schützenden Immunzellen erstellen. Nach der Analyse dieser Immunzellen aus dem Blut von Patienten konnten sie vorhersagen, ob sich bei den Betroffenen eine chronische Infektion entwickeln würde.

Das Immunsystem verteidigt uns gegen Infektionserreger und Krebszellen. Dabei werden Immunzellen gebildet, die infizierte Zellen oder Krebszellen ganz gezielt und Erreger-typisch angreifen und abtöten. Deshalb werden sie auch Killerzellen genannt. Bisher war es nur unzureichend möglich, bei einer Infektion vorherzusagen, über wie viele, gegen den Infektionserreger gerichtete Killerzellen ein Patient verfügt. Diese Zahl entscheidet darüber, wie effektiv der Körper die Krankheit bekämpfen kann.

Marker für aktive Killerzellen entdeckt

Bisher war eine Vorhersage darüber, wie gut ein Patient eine Infektion langfristig in Schach halten kann sehr langwieriger. Das liegt daran, dass es bislang keinen Marker gab, mit dem man die Killerzellen – die eigentliche Einsatztruppe des Immunsystems – zuverlässig charakterisieren konnte. Ohne dieses Wissen gelingt eine sinnvolle Entscheidung für die richtige Therapie jedoch nur schwer.

Percy Knolle und seinem Team von der Technischen Universität München ist es nun gelungen, einen solchen Marker für Killerzellen zu identifizieren. Die Wissenschaftler entdeckten ein Molekül – den CX3CR1-Rezeptor – auf der Oberfläche der Zellen, der für die Killerzellen charakteristisch ist. Die Forscher zeigten dies zunächst in Infektionsmodellen bei Mäusen. Anschließen überprüften sie ihre Erkenntnisse mit einer Patientenstudie.

Patienten mit chronischen Infektionen verfügen über weniger Killerzellen

Bei manchen Patienten können Virusinfektionen chronisch werden, beispielsweise solche mit dem Hepatitis B Virus. Dann gelingt es dem Immunsystem des Patienten nicht die Viren vollständig zu eliminieren und eine bestimmte Anzahl von Viren bleibt ständig im Körper zurück. In diesem Fall kann das Immunsystem die Infektion nicht richtig kontrollieren und die Krankheit heilt nicht aus. Die Wissenschaftler vermuteten den Grund hierfür bei den Killerzellen. Um diese Frage zu klären, nutzten sie ihren neu entdeckten Marker.

Dazu führten sie eine Patientenstudie mit Teilnehmern durch, die an einer chronischen Infektion mit Hepatitis-Viren litten. Wie sich zeigte besaßen diese Patienten nur sehr wenige Killerzellen, die gegen die Hepatitis-Viren gerichtet waren. Dagegen verfügten die Patienten über viele Killerzellen gegen andere Virusinfektionen, die sie im Laufe ihres Lebens erfolgreich überwunden hatten. Offenbar hatte sich bei den Patienten eine chronische  Hepatitis-Infektion entwickelt, weil sie nicht genügend spezifische Killerzellen gegen dieses Virus ausgebildet hatten. In der Folge gelang es ihrem Immunsystem nicht, den Erreger erfolgreich zu bekämpfen.

Mit dem neuen Marker können die Forscher sehr viel schneller und genauer vorhersagen, ob ein Patient eine chronische Infektion entwickeln wird. Dazu müssen sie dem Patienten nur Blut abnehmen und die Zahl der Killerzellen mit dem neuen Marker identifizieren. So ließe sich dann bereits frühzeitig die richtige Therapie auswählen.

Technische Universität München, 01.10.2015

 

Originalpublikation:

Jan P. Böttcher, Marc Beyer, Felix Meissner, Zeinab Abdullah, Jil Sander, Bastian Höchst, Sarah Eickhoff, Jan C. Rieckmann, Caroline Russo, Tanja Bauer, Tobias Flecken, Dominik Giesen, Daniel Engel, Steffen Jung, Dirk H. Busch, Ulrike Protzer, Robert Thimme, Matthias Mann, Christian Kurts, Joachim L. Schultze, Wolfgang Kastenmüller und Percy A. Knolle, Functional classification of memory CD8+T cells by CX3CR1 expression, Nature Communications, September 2015. DOI: 10.1038/ncomms9306

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