Konnten unsere Vorfahren Gliedmaßen und Organe regenerieren?

Feuersalamander. © Didier Descouens. CC BY-SA 4.0

Feuersalamander. © Didier Descouens. CC BY-SA 4.0

Ursprünglich konnten wahrscheinlich alle Landwirbeltiere ihre Gliedmaßen und inneren Organe nach einer Verletzung regenerieren. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam, dass fossile Amphibien des Erdaltertums untersuchte. Demnach haben Salamander ihr besonderes Regenerationsvermögen nicht speziell im Laufe der Evolution entwickelt, sondern sie sind vielmehr die einzigen verbleibenden Wirbeltiere, die sich diese ursprüngliche Fähigkeit erhalten haben.

Salamander sind etwas ganz Besonderes: Anders als die heute lebenden Landwirbeltiere, zu denen auch Säugetiere, wie wir Menschen gehören, sind sie dazu in der Lage durch Verletzungen verloren gegangene Beine, Schwänze und innere Organe zu regenerieren. Diese außergewöhnliche Fähigkeit wird daher seit Langem detailiert untersucht, um die dabei gewonnenen Erkenntnisse einmal in der Humanmedizin einsetzen zu können.

So können Salamander etwa nach dem Verlust ihres Schwanzes ihre Wirbelkörper, das Rückenmark und die Muskulatur komplett neu bilden. Eidechsen sind dagegen nur dazu in der Lage ihren Schwanz etwa ein bis zweimal zu regenerieren, wobei sie den fehlende Teil der Wirbelsäule nur durch einen knorpeligen Stab ersetzen.

Doch Salamander bilden während der Embyonalentwicklung ihre Beine in umgekehrter Reihenfolge, wie die meisten anderen Landwirbeltiere. Dieses Phänomen gibt Wissenschaftlern schon seit 100 Jahren Rätsel auf. Denn eigentlich folgt die Bildung der Beine bei allen Wirbeltieren, sei es nun Forsch oder Mensch, dem gleichen Muster. Deshalb stellte sich das internationale Forscherteam die Frage, ob dieser Unterschied in der Beinentwicklung der Grund für das hohe Regenerationsvermögen der Salamander ist.

Bisher ging man davon aus, das hohe Regenerationsvermögen des Salamanders sei einmalig für diese Tier und habe sich im Laufe der Evolution nur bei ihnen entwickelt. Doch die Ergebnisse der Untersuchungen fossiler Wirbeltiere lassen diese Fähigkeit nun in einem ganz anderen Licht erscheinen. Laut den Forschern waren zur Zeit des oberen Karbon und unterem Perm, vor c.a. 300 Millionen Jahren, auch verschiedene andere Amphibien dazu in der Lage ihre Beine und Schwänze nach salmanderart zu regenerieren. Wobei das Regenerationsvermögen nicht davon abhing, ob die Tiere ihre Beine in der gleichen Reihenfolge, wie heutige Wirbeltiere entwickeln oder in der umgekehrten Reihenfolge.

Für ihre Analysen werteten die Forscher zahlreiche besonders gut erhaltene Fossilien in verschiedenen Entwicklungsstadien der Beinentwicklung und -regeneration aus. Demnach ist die Beinentwicklung und deren Regenerationsvermögen keine besondere evolutionäre Entwicklung der Salamander, sondern spiegelt vermutlich den Urzustand aller Landwirbeltiere wieder. Im Laufe der Evolution ging diese Fähigkeit dann jedoch bei den meisten dieser Tiere verloren.

Diese überraschenden Erkenntnisse geben auch einer möglichen Regenerationsmedizin nach salamanderart neue Hoffnung. Denn sie lassen vermuten, dass möglicherweise alle Landwirbeltiere, uns Menschen eingeschlossen, die für eine Regeneration notwendigen genetischen Faktoren bereits in sich tragen.

Museum für Naturkunde, Berlin, 26.10.2015

 

Originalpublikation:

Nadia B. Fröbisch, Constanze Bickelmann, Jennifer C. Olori & Florian Witzmann. Deep-time evolution of regeneration and preaxial polarity in tetrapod limb development. Nature (2015) doi:10.1038/nature15397

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