Der Klimawandel kann auch zwiespältige Folgen haben: So führt die Erwärmung im Mittelmeerraum, die den dortigen Ländern seit etwa 20 Jahren größere Hitze und Trockenheit bringt, in der Sahelzone offenbar zu mehr Niederschlag. Denn wie Forscher durch Computersimulation herausgefunden haben, sind höhere Temperaturen des Mittelmeers die Hauptursache dafür, dass zu Beginn des westafrikanischen Monsuns im Juni mehr feuchte Luft aus dem östlichen Mittelmeer an den Südrand der Sahara gelangt. Demnach entschiedet die Erwärmung des Mittelmeers auch künftig, wie sich der Niederschlag in der Sahelzone entwickeln wird.
In kaum einer Region der Erde schwankt das Klima so stark, wie in der Sahelzone. In diesem mehrere hundert Kilometer breiten Gebiet südlich der Sahara, das sich von der Atlantikküste des Senegals bis nach Eritrea am Roten Meer erstreckt, wird das Klima vom westafrikanischen Monsun geprägt: Der bringt von Juni bis September Regen in die gesamte Region, während dort im Winter Trockenheit herrscht. Die eigentliche Ursache für dieses Wetterphänomen ist der höhere Sonnenstand während der Sommermonate, durch den es in diesen Breiten heißer wird. Das wirkt sich an Land und im Ozean aber unterschiedlich stark aus, weil Wasser mehr Wärme aufnehmen kann. „Daher erwärmt sich das Land im Sommer stärker als der Ozean“, erläutert Jürgen Bader das Prinzip des Monsuns. „Luft steigt über dem warmen Kontinent auf, und als Folge strömt feuchte Luft vom Meer nach.“
Die Stärke des Monsuns hat sich dabei immer wieder verändert. Nach einer relativ feuchten Periode in den 1950er- und 1960er-Jahren wurde die Sahelzone bis Mitte der 1980er-Jahre von mehreren verheerenden Dürren heimgesucht, die insgesamt mehr als 100.000 Menschen das Leben kosteten. Seitdem nahm der Niederschlag überraschenderweise wieder zu. Dafür haben Jong-yeon Park, Jürgen Bader und Daniela Matei vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg nun die entscheidende Ursache gefunden. „Wir zeigen, dass die Erwärmung des Mittelmeers durch den menschengemachten Klimawandel der wichtigste Faktor hierfür ist“, sagt Daniela Matei. Und auch in Zukunft dürfte das Mittelmeer demnach eine entscheidende Rolle dabei spielen, ob es im Sahel mehr oder weniger regnet.
Wärmere Meere außerhalb der Tropen sorgen für mehr Niederschlag
Wie kräftig der Monsun im Sahel ist, hängt generell davon ab, wie unterschiedlich stark sich verschiedene Meeresregionen erwärmen. So führen Klimaforscher die Dürre während der 1970er- und 1980er-Jahre darauf zurück, dass sich die Meerestemperaturen sowohl im Atlantik als auch im indischen und pazifischen Ozean nach einem bestimmten Muster veränderten. Diese Veränderungen führten zu weniger Niederschlag in der Sahelzone.
Und unterschiedliche Temperaturen in verschiedenen Meeresgebieten erklären auch, warum es im Sahel seit den 1990er-Jahren wieder mehr regnet. Wie die Hamburger Forscher jetzt durch Modellrechnungen festgestellt haben, transportierten Luftströmungen in den Sommern der vergangenen 20 Jahren mehr Feuchtigkeit aus den Regionen außerhalb der Tropen in den Sahel, weil sich die Meeresoberflächen dort in dieser Zeit stark erwärmten. Die Wirkung dieses Temperaturanstiegs überwog den Einfluss der tropischen Meerestemperaturen, deren Anstieg den Niederschlag andernfalls reduzieren würden. Der westafrikanische Monsunregen fiel daher ergiebiger aus. Auch die künftige Entwicklung des westafrikanischen Monsuns wird von der unterschiedlich starken Erwärmung der Meere in und außerhalb der Tropen abhängen. „Es gibt sozusagen einen Kampf zwischen den verschiedenen Meeresregionen“, erläutert Jürgen Bader. „Steigen die Temperaturen der tropischen Meeresoberflächen, nimmt der Niederschlag in der Sahelzone ab. Steigende Temperaturen der Meeresoberflächen außerhalb der Tropen führen dagegen zu mehr Niederschlägen.“
Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat Jong-yeon Park mit seinen beiden Betreuern nun auch präzisiert, welches Meeresgebiet außerhalb der Tropen dabei die größte Rolle spielt. Dafür nutzte er die neueste Version des Atmosphärenmodells des Max-Planck-Erdsystemmodells MPI-ESM. In verschiedenen Simulationen spielte er unterschiedliche Szenarien durch. Dabei zeigte sich ein interessanter Effekt: „Wenn man die Temperaturen der Meeresoberflächen im Mittelmeer konstant hält, erhöht sich der Niederschlag in der Sahelzone nicht“, sagt Jürgen Bader. In anderen Modellexperimenten, bei denen sich das Mittelmeer erwärmte, die Meere der Arktis, des Nordatlantiks und des Nordpazifik aber nicht, regnete es in der Sahelzone dagegen mehr. Das Forscherteam schließt daraus, dass die Erwärmung des Mittelmeers im Vergleich zu den tropischen Regionen ausschlaggebend für die Entwicklung des Niederschlags in der Sahelzone war – und sein wird.
Die Entwicklung des Monsuns hängt von den künftigen Meerestemperaturen ab
Den Effekt können die Forscher auch erklären: Wenn die Wassertemperaturen im Mittelmeer steigen, erhöht sich die Luftfeuchtigkeit. Diese feuchtere Luft vom Mittelmeer wirkt offenbar wie eine Art Zündfunke auf den Westafrikanischen Monsun: Im Juni strömt sie über Ägypten Richtung Sahelzone. „So gibt es zu Beginn der Regenzeit mehr Niederschlag“, erklärt Jürgen Bader. Die zusätzliche Feuchtigkeit verstärkt die Konvektion über der Sahelzone. „Es steigt mehr Luft auf, was wiederum den Zustrom feuchter Luft aus dem tropischen Atlantik intensiviert“, so der Forscher.
Auch wenn die Wissenschaftler die Temperatur des Mittelmeers nun als entscheidenden Faktor für die Entwicklung des Monsuns im Sahel identifiziert haben: Ob der positive Niederschlagstrend in Zukunft anhalten wird, hängt davon ab, ob sich das Mittelmeer auch weiterhin stärker erwärmt als die tropischen Ozeane und nicht etwa schwächer. Und um das vorherzusagen, muss die zu erwartende Entwicklung der Meerestemperaturen jedoch noch genauer untersucht werden, so die Forscher. Genau das werden sie nun in weiteren Studien tun.
Max-Planck-Gesellschaft, 30. Juni 2016
Originalpublikation:
Jong-yeon Park, Jürgen Bader, Daniela Matei. Anthropogenic Mediterranean warming essential driver for present and future Sahel rainfall. Nature Climate Change 27. Juli 2016; doi: 10.1038/nclimate3065