Strahlenflosser stellen heute mit weltweit über 30.000 Arten die am weitesten verbreitete Fischgruppe dar. Doch die Erfolgsgeschichte dieser Knochenfische wurde erst durch ein massenhaftes Aussterben ihrer Konkurrenten, der Knorpelfische möglich. Denn die Knochenfische konnten sich, wie Wissenschaftler nun herausgefunden haben erst erfolgreich ausbreiten, nachdem es mehrfach zu einem massiven Artensterben der Knorpelfische vor rund 300 bis 200 Millionen Jahren gekommen war.
Die zu den Knochenfischen zählenden Strahlenflosser sind heute sowohl im Salz- als auch im Süßwasser die bei weitem artenreichste Fischgruppe. Ihre beeindruckende Formenvielfalt reicht vom Aal über den Thunfisch, die Flunder und den Anglerfisch, bis hin zum Seepferdchen. Die fast ausschließlich im Meer lebenden Knorpelfische, zu denen Haie, Rochen und Seekatzen gehören, belegen heute mit rund 1.100 Arten nur noch den zweiten Platz. Was die Knochenfische in den verschiedenen von ihnen besiedelten Lebensräumen so erfolgreich macht, ist bisher nicht bekannt: Liegt es an einem flexibleren Bauplan, der sich leichter an eine größere Vielfalt ökologischer Nischen anpassen lässt oder gibt es andere Gründe für ihre so erfolgreiche Verbreitung? Nun haben Paläontologen der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit einem internationalen Forscherteam herausgefunden, dass Klimakatastrophen in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle bei dem Siegeszug der Strahlenflosser gespielt haben könnten.
Knorpelfische waren stark von Massenaussterben betroffen
Die Wissenschaftler untersuchten die Artenvielfalt der Knorpel- und Knochenfische und deren Veränderungen im Verlaufe des Perms und der Trias vor ca. 300 bis 200 Millionen Jahren – einem Zeitabschnitt in dem es gleich mehrfach zum Aussterben vieler Tierarten kam. Sie werteten dazu die gesamte vorhandene wissenschaftliche Literatur zu Knochen- und Knorpelfischen aus und sammelten Daten über deren Artenvielfalt und Körpergröße. Anhand der Körpergröße konnten die Forscher auf die Stellung der Tiere in den Nahrungsketten der Meere und Süßgewässer schließen.
Den Forschern zufolge betraf das im mittleren Perm stattgefundene Artensterben vor allem die Knorpelfische, die damals noch die artenreichste Fischgruppe stellten. Die damaligen Strahlenflosser kamen dagegen relativ ungeschoren davon. Nach einem noch umfangreicheren Artensterben an der Grenze zwischen Perm und Trias, bei dem 96 Prozent aller Meeresorganismen ausgelöscht wurden, nutzen die Knochenfische die freigewordenen ökologischen Nischen und bildeten eine reiche Artenvielfalt aus. Dabei entfalteten sich im Verlauf der Trias vor allem die so genannten Neopterygier («Neuflössler») zu einer besonderen Artenvielfalt. Sie stellen heute mit über 30.000 Arten die größte Wirbeltiergruppe dar. Die Neopterygier brachten vor allem kleine Arten hervor, während sich die meisten der ursprünglicheren Strahlenflosser zu großen Raubfischen entwickelten.
Viele Knochenfische bildeten in der Trias morphologische Spezialisierungen des Kieferapparates, des Gebisses oder der Flossen aus. Dabei erschlossen sie sich auch neue Möglichkeiten der Fortbewegung: sie glitten über die Wasseroberfläche, ähnlich wie das heute fliegende Fische tun. Und im Trias traten auch die ersten lebend gebärende Knochenfische auf.
Zeitpunkte des Massensterbens von Tierarten korrelieren mit Klimaveränderungen
Im Gegensatz zu den Knochenfischen konnten sich die bereits im späten Perm stark dezimierten Knorpelfische von ihren massiven Populationseinbrüchen kaum wieder erholen. Viele Knorpelfischarten, die das Perm noch artenreich bevölkert hatten, verschwanden während des massiven Artensterbens im Perm und der Trias ganz oder wurden sehr selten. «Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass wiederholte Aussterbe-Ereignisse eine wichtige Rolle gespielt haben für die Herausbildung der heutigen Fischfauna», erklärt Carlo Romano, Postdoc am Paläontologischen Institut und Museum der Universität Zürich. Die meisten dieser einschneidenden Krisen wurden vermutlich durch die damals auftretenden massiven Vulkanausbrüche, globalen Klimaveränderungen und einen stark gesunken Meeresspiegel verursacht.
Universität Zürich, 01.12.2014
Originalliteratur:
C. Romano, M. B. Koot, I. Kogan, A. Brayard, A. V. Minikh, W. Brinkmann, H. Bucher, J. Kriwet, Permian-Triassic Osteichthyes (bony fishes). Diversity dynamics and body size evolution. Biological Reviews, November 28, 2014. S. 1-44. doi: 10.1111/brv.12161.