Wie sich Mensch und Hund vor 30.000 Jahren die Nahrung teilten

Wollhaarmammut. © Apotea. CC BY-SA 3.0.

Wollhaarmammut. © Apotea. CC BY-SA 3.0.

Bereits vor 30.000 Jahren siedelten Menschen an dem prähistorischen Fundplatz Předmostí I nahe Brno in der Tschechischen Republik. Sie gehörten zu der paneuropäischen Gravettien-Kultur. Die Siedler verfügten über so viele Mammutknochen, dass sie sogar ihre Behausungen daraus bauten und aus dem verfügbaren Elfenbein Skulpturen schnitzten. Wissenschaftler haben nun untersucht, wie die prähistorischen Menschen an dieses wertvolle Material herankamen: Sammelten sie dazu die Knochen und das Elfenbein von Kadavern, die in der weiten Steppe einfach zu finden waren, oder handelte es sich bei den über tausend gefundenen Knochen um Jagdreste? In der im Gravettien ganzjährig bewohnten Siedlung fanden die Wissenschaftler auch eine große Zahl von Überresten weiterer Tiere. Einige davon waren steinzeitliche Hunde. Halfen sie den Menschen bei der Mammutjagd?

Um diese Fragen zu klären analysierten die Wissenschaftler die Knochenfunde genauer. Dazu bestimmten sie die stabilen Kohlenstoff- und Stickstoffisotope in den menschlichen und tierischen Knochen. Von der Signatur der Isotope können die Wissenschaftlern darauf schließen, wovon sich die Lebewesen ernährt haben. „Die Menschen von Předmostí I aßen Mammutfleisch und das in großen Mengen“, berichtet Hervé Bocherens von der Universität Tübingen. Aber wie stand es um die Ernährung der anderen großen Raubtiere dieser Zeit? Löwen fraßen hauptsächlich Rentiere und Moschusochsen und hin und wieder mal einem Bison. Die Wölfe ernährten sich von Pferden und möglicherweise etwas Mammutfleisch. Die Forscher vermuten, dass die Wölfe an das Mamnmutfleisch herankamen, indem sie von den frischen Kadaverresten fraßen, die die menschlichen Jägern zurückgelassen hatten.

Vereinfachte Darstellung der Jäger-Beute-Beziehungen zwischen prähistorischen Menschen und Großsäugern in Předmostí I vor 30.000 Jahren – rekonstruiert aus den Isotopenanalysen der Knochen. Illustration: Hervé Bocherens. Urheber der Einzelelemente: Wollhaarmammut, Wollnashorn, Pferd & Höhlenlöwe: Mauricio Antón/DOI:10.1371/journal.pbio.0060099; Moschusochse: U.S. Fish and Wildlife Service; Rentier: Alexandre Buisse; Wolf: Santiago Atienza; Vielfraß: Matthias Kabel; Braunbär: Jean-Noël Lafargue; Hunde: Margo Peron; Bison: Michael Gäbler; Prähistorischer Mann: Hervé Bocherens.

Vereinfachte Darstellung der Jäger-Beute-Beziehungen zwischen prähistorischen Menschen und Großsäugern in Předmostí I vor 30.000 Jahren – rekonstruiert aus den Isotopenanalysen der Knochen. Illustration: Hervé Bocherens. Urheber der Einzelelemente: Wollhaarmammut, Wollnashorn, Pferd & Höhlenlöwe: Mauricio Antón/DOI:10.1371/journal.pbio.0060099; Moschusochse: U.S. Fish and Wildlife Service; Rentier: Alexandre Buisse; Wolf: Santiago Atienza; Vielfraß: Matthias Kabel; Braunbär: Jean-Noël Lafargue; Hunde: Margo Peron; Bison: Michael Gäbler; Prähistorischer Mann: Hervé Bocherens.

Rentier. © Alexandre Buisse. CC BY-SA 3.0

Rentier. © Alexandre Buisse. CC BY-SA 3.0

Überraschenderweise viel das Ergebnis für die Hunde anders aus, als erwartet: Obwohl sie vermutlich mit den Menschen zusammen lebten ernährten sie sich kaum von Mammutfleisch, sondern fraßen hauptsächlich Rentier- und Moschusochsen. Das aber gehörte nicht zu den Hauptnahrungsmitteln der Menschen. „Ähnliches ist bei Traditionsvölkern nördlicher Regionen zu beobachten: Sie verfüttern das Fleisch an die Hunde, das sie selbst nicht so gern mögen“, sagt Bocherens. Die Ergebnisse lassen außerdem vermuten, dass die Hunde zahm waren. Wahrscheinlich wurden sie als Transporttiere eingesetzt.

Moschusochse. © Quartl. CC BY-SA 3.0

Moschusochse. © Quartl. CC BY-SA 3.0

„Mammuts waren ein zentraler Faktor des prähistorischen Lebens in Europa vor 30.000 Jahren, und Hunde wurden auch schon gehalten.“ fasst der Wissenschaftler die neuen Erkenntnisse zusammen.

Friedhelm Albrecht/Universität Tübingen, 24.11.2014

 

Originalpublikation:

Hervé Bocherens, Dorothée G. Drucker, Mietje Germonpré, Martina Láznicková-Galetová, Yuichi I. Naito, Christoph Wissing, Jaroslav Bruzek, Martin Oliva: Reconstruction of the Gravettian food-web at Předmostí I using multi-isotopic tracking (13C, 15N, 34S) of bone collagen. Quaternary International (2014), doi: 10.1016/j.quaint.2014.09.044

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