Westantarktis könnte komplett abschmelzen

Wenn das Eis in dem Amundsen-Becken die nächsten 60 Jahre weiterhin so schnell abschmilzt, wie bisher, dann könnte sich dieser Prozess in ein nicht mehr aufzuhaltendes Phänomen verwandeln, das tausende von Jahren anhalten könnte. © public domain.

Wenn das Eis in dem Amundsen-Becken die nächsten 60 Jahre weiterhin so schnell abschmilzt, wie bisher, dann könnte sich dieser Prozess in ein nicht mehr aufzuhaltendes Phänomen verwandeln, das tausende von Jahren anhält. © public domain.

Das gesamte Eis der westlichen Antarktis könnte vollständig abschmelzen, wenn dort das vergleichsweise kleine Amundsen-Becken instabil würde, wie Forscher nun berechnet haben. Das geschmolzene Eis der Antarktis würde dann den Meeresspiegel um rund drei Meter ansteigen lassen. Mehreren kürzlich veröffentlichte Studien zufolge könnte dieses Gebiet seine Stabilität bereits verloren haben. Damit hätte es einen Umkipp-Punkt erreicht, ab dem sich das weitere Abschmelzen stark beschleunigen könnte. Laut der Computersimulation des Forscherteams kann bereits eine über wenige Jahrzehnte andauernde Erwärmung der Ozeane zu einem Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende andauernden Eisverlust führen.

Das scheinbar ewige Eis der Antarktis ist keineswegs so ewig, wie wir es erwarten. Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Ist das Gleichgewicht der Eismassen erst einmal gestört, so reagieren sie auf die Veränderungen in nicht linearer Weise, so die Theorie. Nach einer langen Zeit ohne große Auswirkungen bricht ihre Stabilität ab einem gewissen Punkt sehr rasch zusammen. Man geht davon aus, dass das System dann an einen sogenannten Umkipp-Punkt gelangt, an dem die vorher geradlinige und eindeutige Entwicklung sich plötzlich durch Rückkopplungen stark beschleunigt. Ein ähnliches Verhalten wird auch für den Amazonas-Regenwald und das indische Monsun-System vermutet. Man geht davon aus, dass der Zustrom von Eis in den Ozean deutlich ansteigen wird, wenn der Umkipp-Punkt in der Antarktis erreicht ist.

Wenige Jahrzehnte des Abschmelzens könnten eine über Jahrtausende andauernde Veränderung bewirken

Durch die Erwärmung des Ozeans schmilzen die vom Festland aus ins Meer ragenden und aufschwimmenden Eis-Schelfe langsam von unten weg. Große Teile des westantarktischen Eises ruhen auf einem unterhalb des Meeresspiegels liegenden Felsbett. Durch einen Eisverlust an den Rändern verschiebt sich die Grenze des Land-Eises nach und nach ins Landesinnere. Da der Boden in diese Richtung abfällt, wird mit der Zeit immer mehr Eis dem wärmeren Meereswasser ausgesetzt, so dass dieses immer schneller abschmilzt.

Wenn das Eis in dem Amundsen-Becken die nächsten 60 Jahre weiterhin so schnell abschmilzt, wie bisher, dann könnte sich dieser Prozess in ein nicht mehr aufzuhaltendes Phänomen verwandeln, das tausende von Jahren anhält. In der Folge würde der Meeresspiegel über einen sehr langen Zeitraum um mindestens drei Meter ansteigen.

Rolle des Klimawandels noch unklar

„Bislang fehlen uns die Belege, um sagen zu können, ob der Stabilitätsverlust des Amundsen-Eises von den Treibhausgasen und der entsprechenden weltweiten Erwärmung ausgelöst wurde“, sagt Mitautor Anders Levermann, der als Meeresspiegel-Experte am jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC mitgearbeitet hat. „Klar ist aber, dass ein weiterer Ausstoß von Treibhausgasen das Risiko eines Kollapses der West-Antarktis erhöht – und damit das eines unaufhaltsamen Anstiegs des Meeresspiegels.“

„Vor dem Meeresspiegelanstieg muss man keine Angst haben, aber er ist etwas worum man sich kümmern muss“, so Levermann. „Der Meeresspiegel steigt langsam an, aber dabei zerstört er unser Menschheits-Erbe; Küstenmetropolen, wie Hamburg und New York, die Teile unseres kulturellen Erbes der Zukunft tragen – wenn wir nicht die CO2-Emissionen rasch reduzieren.“

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 02.11.2015

 

Originalpublikation:

Feldmann, J., Levermann, A. (2015): Collapse of the West Antarctic Ice Sheet after local destabilization of the Amundsen Basin. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS, Online Early Edition) DOI: 10.1073/pnas.1512482112

Kommentare sind geschlossen.