Vorfahren der Bienen waren bereits wählerische Sammler

Pollen sammelnde Biene. © public domain.

Pollen sammelnde Biene. © public domain.

Die Vorfahren der Honigbienen vor 50 Millionen Jahren waren bereits ziemlich wählerisch, was das Futter für ihren Nachwuchs anbelangte, wie Forscher nun herausfanden. Demnach stammten sie die Pollen, die sie für ihre Larven sammelten, stets von denselben Pflanzen. Wenn es dagegen um ihr eigenes leibliches Wohl ging, zeigten sie sich sehr flexibel: Auf ihren Sammelflügen fraßen sie selbst so ziemlich alles, was ihnen vor die Mundwerkzeuge kam.

Die Paläontologen untersuchten versteinerte Bienen von zwei verschiedenen Fundstätten: der Grube Messel nahe Darmstadt und dem Eckfelder Maar in der Vulkaneifel. Beides ehemalige Seen, die so tief waren, dass sich an ihrem Grund kein Sauerstoff befand. Tiere oder Pflanzen, die in das Wasser fielen, wurden daher im Bodensediment hervorragend konserviert.

Dieses Schicksal ereilte vor knapp 50 Millionen Jahren auch zahlreiche Bienen. Viele von ihnen haben sich im Ölschiefer-Gestein ausgezeichnet erhalten. „Wir haben diesen Umstand nun erstmals genutzt, um uns die Pollen am Körper der Bienen genauer anzuschauen“, erklärt Torsten Wappler von der Universität Bonn.

Bienen waren gleichzeitig Generalisten und Spezialisten

Bei ihren Analysen fiel den Forschern eine Besonderheit auf: Die Pollen im Kopfbereich, an der Brust und am Hinterleib der Hautflügler kamen von völlig unterschiedlichen Pflanzen. Während die Pollen an den Hinterbeinen überwiegend von immergrünen Büschen stammten, die sehr ähnliche Blüten bilden.

Die Hinterbeine der längst ausgestorbenen Hautflügler besaßen charakteristische Strukturen. Sie dienten den Bienen als Transportbehälter (unsere heutigen Honigbienen haben an ihren Hinterbeinen ganz ähnliche Vorrichtungen). Die Insekten kämmten mit ihren Vorderbeinen Pollenkörner aus ihren Körperhaaren und übertrugen sie auf die Hinterbeine.

Das klappte aber nur, wenn die Pollen für die Vorderbeine gut genug zu erreichen waren – wir können uns ja auch nur mit Mühe zwischen den Schulterblättern kratzen. „Die Büsche, an denen die Arbeiterinnen die Nahrung für die Larven sammelten, hatten alle einen ähnlichen Blüten-Aufbau“, erklärt Wappler. „Nach dem Besuch dieser Blüten haftete der Pollen vor allem an Körperstellen, von denen er sich gut auf die Beine übertragen ließ.“

Die Urzeit-Bienen wussten augenscheinlich, bei welchen Pflanzen sie besonders erfolgreich sammeln konnten. Sie flogen daher hauptsächlich diese Blüten an. Wenn sie auf dem Weg dorthin selbst Hunger bekamen, ließen sie sich auf Pflanzen an ihrer Flugroute nieder und naschten von deren Nektar. Wie wenig wählerisch sie bei diesen Snacks waren, zeigen die Pollen, die dabei an ihrem Körper hängen blieben.

Nahrungssuche ohne Zeitverschwendung

„Für die Bienen war das eine vorteilhafte Strategie“, betont Wappler. „Bei der Nahrungssuche für die Larven besuchten sie Blüten, die einen hohen Ertrag bei wenig Aufwand versprachen. Auf dem Weg dorthin fraßen sie dagegen, was sich ihnen anbot. Sie vergeudeten also keine Zeit mit der Suche nach besonders schmackhafter oder gehaltvoller Nahrung.“

Einen Punkt fanden die Wissenschaftler besonders überraschend: Die Bienen aus dem Eckfelder Maar waren 44 Millionen Jahre alt, die aus Messel dagegen 48 Millionen. Dennoch zeigten sie ein sehr ähnliches Pollenmuster an Beinen und Körper. Auch bei Vorläufern unserer heutigen Hummeln war die Verteilung sehr ähnlich. Die Doppelstrategie scheint also unter verschiedenen Arten verbreitet gewesen zu sein und sich über Millionen von Jahren erhalten zu haben.

Auch unsere Honigbienen gehen heute noch ähnlich vor. Möglicherweise verhielten sich sogar schon die allerersten Bienen so, die vor rund 100 Millionen Jahren die Erde bevölkerten. „Leider gibt es aus dieser Zeit keine Funde, die eine Analyse der Pollen zulassen“, bedauert Wappler.

Universität Bonn, 13.11.2015

 

Originalpublikation:

Torsten Wappler, Conrad C. Labandeira, Michael S. Engel, Reinhard Zetter und Friðgeir Grímsson: Specialized and generalized pollen-collection strategies in an ancient bee lineage; Fachjournal „Current Biologie“; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2015.09.021

Kommentare sind geschlossen.