Früchte: Verführerischer Duft sichert Verbreitung durch Affen

Tamarine fressen die Früchte des Leonia-Baumes und breiten so die Samen der Pflanze aus. © Adrian Reinehr

Tamarine fressen die Früchte des Leonia-Baumes und breiten so die Samen der Pflanze aus. © Adrian Reinehr

Das Obst auf dem Wochenmarkt lockt uns nicht nur mit seinen bunten Farben, sondern verführt uns auch mit seinen verlockenden Düften. Dabei können wir oft schon am Geruch erkennen, ob die verführerischen Erd- oder Himbeeren auch schön reif sind. Früchte sind ein begehrtes Nahrungsmittel, denn sie schmecken nicht nur gut, sondern enthalten auch viele wichtige Vitamine und Nährstoffe. Das ist das Ergebnis einer langen Koevolution zwischen Pflanzen und Tieren. Wobei Pflanzen attraktive Früchte bilden, um ihre Vermehrung und Verbreitung sicher zu stellen. Denn die Tiere, die die Früchte fressen verbreiten die Pflanzensamen mit ihrem Kot über weite Strecken. Daher ist es für die Pflanzen vorteilhaft, wenn sich ihre reifen Früchte leicht erkennen und finden lassen. Forscher haben nun gezeigt, dass manche Pflanzen Früchte tragen, die je nach Reifegrad unterschiedlich riechen. Da Affen den Geruch von Früchten gut wahrnehmen können, werden sie von reifem Obst angelockt. Früchte von Pflanzen, deren Samen von Vögeln verbreitet werden, verraten ihren Reifegrad dagegen nicht über Düfte.

Reife und unreife Früchte eines tropischen Baumes (Leonia cymosa) an der DPZ-Feldstation in Peru. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass Klammeraffen am Geruch der Früchte den Reifegrad erkennen können. Affen breiten die Samen dieser und anderer Pflanzen über ihren Kot aus. © Adrian Reinehr

Reife und unreife Früchte eines tropischen Baumes (Leonia cymosa) an der DPZ-Feldstation in Peru. Klammeraffen können am Geruch der Früchte den Reifegrad erkennen. Die Tiere breiten die Samen dieser und anderer Pflanzen über ihren Kot aus. © Adrian Reinehr

Pflanzen sind ortsgebunden und daher bei der Verbreitung ihrer Samen auf umherstreifende Tiere, wie etwa Affen, Vögel und Fledermäuse angewiesen. Damit die Tiere die Samenverbreitung zuverlässig übernehmen, müssen die Pflanzen sie mit verführerischen Früchten locken. Deshalb haben sie im Laufe der Evolution ein nahrhaftes Fruchtfleisch entwickelt, das wertvolle Zucker, Fette, Eiweiße, Vitamine und Mineralien enthält. Darüber hinaus sollten sie für nahrungssuchende Tiere leicht zu finden sein. Ein internaltionales Team um Forscher am Deutschen Primatenzentrum vermuteten daher, dass neben der Farbe auch der Geruch der Früchte den Reifegrad und die Qualität widerspiegeln könnte. Das sollte vor allem für Früchte gelten, die von Tieren verbreitet werden, die sich bei ihrer Nahrungssuche auch an ihrem Geruchssinn orientieren.

Ein Schurbarttamarin (Saguinus mystax) nahe der Forschungsstation Estación Biológica Quebrada Blanco im peruanischen Amazonastiefland. © Julia Diegmann

Ein Schurbarttamarin (Saguinus mystax) nahe der Forschungsstation Estación Biológica Quebrada Blanco im peruanischen Amazonastiefland. © Julia Diegmann

Affen als Samenausbreiter

Affen sind einer der wichtigsten Samenausbreiter in tropischen Ökosystemen. Doch bis vor Kurzem ging man davon aus, dass sich Affen vor allem visuell orientieren. Ihr gut entwickelter Geruchssinn wurde erst in den letzten Jahren entdeckt. Daher vermuteten die Forscher, dass Pflanzen, die bei ihrer Verbreitung auf Affen angewiesen sind, ihren Reifegrad und die Qualität ihrer Früchte neben Farbänderungen auch durch Düfte anzeigen.

Geruch der Früchte zeigt Reifegrad an

Zunächst maßen die Forscher den Geruch, der von reifen und unreifen Früchten verströmt wird. Dazu sammelten sie rund um die DPZ-Feldstation im peruanischen Amazonasregenwald Früchte von vier verschiedenen Pflanzenarten und nahmen Duftproben. Dabei fanden sie heraus, dass sich der Geruch von reifen und unreifen Früchten von Pflanzen, deren Samen von Affen verbreitet werden unterscheidet. Folglich könnten die Tiere reife Früchte zuverlässig am Geruch erkennen. Bei den Pflanzen, die von Vögeln verbreitet werden, war der Geruch jedoch nicht vom Reifegrad der Früchte abhängig. Da Vögel sich bei der Nahrungssuche vor allem von ihren Augen und nicht von ihrem Geruchssinn leiten lassen, brächte hier ein unterschiedlicher Duft auch keinen Vorteil für die Pflanze. Demnach stellt der veränderte Geruch von Früchten, die von Affen gefressen werden eine Anpassung der Pflanze an die ihrer Nase folgenden Tiere dar.

Affen können reife Früchte am Geruch erkennen

Als nächstes untersuchten die Forscher, ob Affen reife und unreife Früchte tatsächlich zuverlässig am Geruch unterscheiden können. Dazu stellten sie verschiedene Duftmischungen her, die den Geruch von Früchten verschiedener Reifegrade imitierten. Die Versuche führten die Forscher mit Klammeraffen durch, die sich hauptsächlich von reifen Früchten ernähren und damit wichtige Samenausbreiter für verschiedene Pflanzen sind. Die Tiere waren dazu in der Lage zuverlässig unreife, teilreife und reife Früchte am Geruch zu unterscheiden. Der Geruch ist damit ein verlässliches Signal für Klammeraffen, um reife Früchte zu erkennen. „Unsere Studien zeigen, dass der angenehme Geruch, den viele reife Früchte ausströmen, eine wichtige ökologische Funktion hat: Er dient der Kommunikation zwischen Pflanze und Affe“, sagt Omer Nevo vom Deutschen Primatenzentrum. Affen profitieren von der Möglichkeit, reife Früchte leicht und zuverlässig zu erkennen. Im Gegenzug stellt die Pflanze sicher, dass ihre Samen verbreitet werden, indem sie ihre Früchte durch Düfte attraktiver für Primaten macht.

Deutsches Zentrum für Primatenforschung, 12.04.2016

Originalpublikationen:

Nevo O, Heymann EW, Schulz S & Ayasse M. 2016. Fruit odor as a ripeness signal to seed-dispersing primates? A case study on four Neotropical plant species. Journal of Chemical Ecology. DOI: 10.1007/s10886-016-0687-x.

Nevo O, Orts Garri R, Hernandez Salalzar LT, Schulz S, Heymann EW, Ayasse M & Laska M. 2015. Chemical recognition of fruit ripeness in spider monkeys (Ateles geoffroyi). Scientific Reports 5: 14895. DOI: 10.1038/srep14895.

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