Wie weist man den menschengemachten Klimawandel nach?

Verändern sich beobachtete Klimagrößen wie Temperatur oder Niederschlag über längere Zeit, drängt sich die Frage auf, ob menschlicher Einfluss eine Rolle spielt. Um das zu untersuchen, wenden Wissenschaftler eine Methode an, mit der sich ursächliche Zusammenhänge abschätzen lassen.

© Bidgee. CC BY 3.0. Wikimedia Commons.

Dass die Treibhausgase des Menschen das globale Klimasystem verändern, ist wissenschaftlich unbestritten [1]. Klimaforschende blicken mit ihren Modellen daher oft in die Zukunft und versuchen zu berechnen, wie sich die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre künftig auf verschiedene Klimavariablen wie Temperatur oder Niederschlag auswirken wird.

Wetter und Klima erleben wir aber in der Gegenwart. So ist es beispielsweise in der Schweiz im Verlauf des letzten Jahrhunderts immer wärmer geworden [2]. Wenn sich außergewöhnlich warme Sommer häufen, taucht schnell auch die Frage auf, inwiefern menschliches Handeln das aktuelle und vergangene Klima beeinflusst. Doch wie lässt sich untersuchen, ob eine beobachtete Klimaveränderung auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen ist – oder lediglich auf natürlich vorkommende Schwankungen?

Wir haben nur eine Welt

Diese Frage können wir Klimawissenschaftler leider nicht experimentell überprüfen. Der Grund ist so banal wie schwerwiegend: Wir haben nur eine Welt. Wir können keine klassischen Experimente machen, in denen wir das Klima mit menschlichem Einfluss einem Klima ohne menschlichen Einfluss gegenüberstellen.

Was uns aber zur Verfügung steht, sind lange Beobachtungsreihen von Niederschlag, Wasserstand, Temperatur, Anzahl Stürmen und vielen Messgrößen mehr. Um zu überprüfen, ob diese Klimavariablen durch die ansteigenden Treibhausgasemissionen aus menschlichen Aktivitäten beeinflusst werden, haben Wissenschaftler die sogenannte «Detection & Attribution»-Methode entwickelt [3].

Prüfen von Ursache und Wirkung im Modell

Es handelt sich dabei um eine kombinierte Analyse von langen Beobachtungsreihen und Simulationsexperimenten. Dabei werden Klimamodelle sowohl ohne als auch mit menschlichem Einfluss berechnet, um sie anschließend mit den tatsächlichen Beobachtungen zu vergleichen. Werden letztere nur durch die Simulationen mit Emissionen reproduziert, kann man daraus schließen, dass der menschengemachte Klimawandel in den Beobachtungen nachweisbar ist.

Illustration der «Detection & Attribution»-Methode: Erst in der zweiten Hälfte des analysierten Zeitraums hebt sich die Beobachtung von den Simulationen ohne menschlichen Einfluss ab und gleicht jenen mit menschlichem Einfluss. © Lukas / Gudmundsson.

Man muss aber auch natürliche Schwankungen berücksichtigen, die einer beobachteten Veränderung zugrunde liegen können. So ist nicht jeder Sommer gleich warm, und nicht jeder Winter schneereich. Das lässt sich ausschließen, indem man Klimamodelle wiederholt anwendet, um die Bandbreite dieser Schwankungen zu simulieren. Je mehr sich die Beobachtung von der Bandbreite natürlicher Klimaschwankungen unterscheidet, desto zuverlässiger ist der Schluss, dass menschengemachter Klimawandel die Beobachtung beeinflusst.

Die «Detection & Attribution»-Methode ist ein wichtiges Instrument, das etwa im letzten UN-Klimabericht im Kapitel über den Nachweis des menschengemachten Klimawandels [2] zur Anwendung kam. Die Methode hat aber auch Schwächen. So ist nicht immer klar, ob Klimamodelle die Bandbreite natürlicher Schwankungen richtig einschätzen. Zudem lässt sich nie vollständig ausschließen, dass eine beobachtete Veränderung durch einen Prozess verursacht wurde, der nicht in den Klimamodellen berücksichtigt ist. Dennoch: Die Methode kann gewichtige Indizien liefern.

Spuren des Klimawandels in Wasserressourcen

Ein Beispiel: In einer kürzlich im Fachmagazin «Nature Climate Change» veröffentlichten Studie [4] konnten wir mit der «Detection & Attribution»-Methode zeigen, dass der beobachtete Rückgang der Süßwasservorkommen in Südeuropa sehr wahrscheinlich mit den zunehmenden Treibhausgasemissionen zusammenhängt.

Veränderte Süsswasserressourcen in Europa. © Lukas / Gudmundsson

Dazu haben wir Beobachtungsreihen über den Abfluss von mehreren hundert kleinen Flüssen von 1956 bis 2005 analysiert und mit Klimamodellen verglichen. Die Beobachtungen zeigen, dass es in den letzten Jahrzehnten im Süden Europas eine Neigung zu mehr Trockenheit gab, während es im Norden tendenziell feuchter wurde. Klimamodelle spiegeln dieses Muster nur wieder, wenn menschliche Treibhausgasemissionen in den Modellen berücksichtigt werden.

Faktoren wie natürliche Klimavariabilität oder menschliche Wassernutzung (z.B. für Bewässerung) spielen ebenfalls eine Rolle. Insgesamt zeigen die Resultate aber deutlich auf, dass der Klimawandel Europas Wasserressourcen schon heute beeinflusst; und dass künftig eine zunehmende Wasserknappheit im Süden Europas eine wahrscheinliche Folge ist.

von Lukas Gudmundsson, ETH Zürich, 9. November 2017

Originalpublikationen:

[1] IPCC, Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, in Summary for Policymakers., T.F. Stocker, et al., Editors. 2013. p. 1535.

[2] Siehe Klimabulletin Meteoschweiz (Seite 6)

[3] Bindoff, N.L., et al., Detection and Attribution of Climate Change: from Global to Regional, in Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, T.F. Stocker, et al., Editors. 2013, Cambridge University Press. p. 867-952.

[4] Gudmundsson, L., S.I. Seneviratne, and X. Zhang, Anthropogenic climate change detected in European renewable freshwater resources. Nature Clim. Change, 2017. doi:10.1038/nclimate3416

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