Bei einer Eisendüngung des Südpolarmeeres könnte weniger Kohlendioxid in der Tiefsee gespeichert werden

Das Südpolarmeer Zwischen dem Ozean und der Atmosphäre herrscht ein reger Austausch des Treibhausgases Kohlendioxid. Das Südpolarmeer spielt hierbei eine wichtige Rolle. © Frank Rödel, Alfred-Wegener-Institut)

Das Südpolarmeer
Zwischen dem Ozean und der Atmosphäre herrscht ein reger Austausch des Treibhausgases Kohlendioxid. Das Südpolarmeer spielt hierbei eine wichtige Rolle. © Frank Rödel, Alfred-Wegener-Institut

Zusätzliches Eisen reduziert die Wirkung der sogenannten biologischen Pumpe, die Kohlendioxid aus den oberen Wasserschichten in die Tiefsee transportiert. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie zur natürlichen Eisendüngung im Südpolarmeer. Denn eine Eisendüngung fördert nicht nur das Wachstum von Algen, sondern auch das von Kalkschalen bildenden Meeresbewohnern, die sich von den Algen ernähren. Diese Tiere setzen jedoch beim Bau ihrer Kalkschalen Kohlendioxid frei. Wachsen und sterben diese Lebewesen in einem Meeresgebiet mit einem hohen natürlichen Eiseneintrag, werden dort bis zu 30 Prozent weniger Kohlendioxid in die Tiefsee befördert als bisher angenommen. Dabei handelt es sich um einen wichtigen Effekt: Denn, wenn man ihn nicht berücksichtigt überschätzt man, wie viel Kohlendioxid der Ozean bei Eisendüngung speichern kann.

Zwischen dem Ozean und der Atmosphäre herrscht ein reger Austausch des Treibhausgases Kohlendioxid. Eine wichtige Rolle spielt hierbei das Phytoplankton, denn die Algen entziehen den oberen Wasserschichten Kohlendioxid. Stirbt das Phytoplankton, kann es bis auf den Meeresgrund sinken und dort einen Teil des Treibhausgases ablagern, den es zuvor durch Photosynthese gebunden hatte. Diesen Prozess nennen Wissenschaftler die biologische Kohlenstoffpumpe.

Sedimentfalle Mit Sedimentfallen wie dieser können Wissenschaftler Phytoplankton und Kalkschalen auffangen, die in die Tiefe sinken. Drei dieser Geräte hat das internationale Wissenschaftlerteam für ein Jahr in den Gewässern rund um die Crozetinseln ausgesetzt, um Proben für ihre Studie zu sammeln. © Richard Lampitt, National Oceanography Centre, Großbritannien

Sedimentfalle
Mit Sedimentfallen wie dieser können Wissenschaftler Phytoplankton und Kalkschalen auffangen, die in die Tiefe sinken. Drei dieser Geräte hat das internationale Wissenschaftlerteam für ein Jahr in den Gewässern rund um die Crozetinseln ausgesetzt, um Proben für ihre Studie zu sammeln. © Richard Lampitt, National Oceanography Centre, Großbritannien

Obwohl die Wassermassen des Südpolarmeeres als nährstoffreich gelten, gedeiht das Phytoplankton in großen Bereichen des Südlichen Ozeans nur spärlich. Der Grund: Das Wasser enthält zu wenig Eisen, als dass Algen großflächig wachsen könnten. Im Zuge des Klimawandels wird deshalb häufig die Idee diskutiert, das Südpolarmeer mit Eisen zu düngen. Davon erhofft man sich zum einen das Wachstum des Phytoplanktons zu fördern und dadurch die biologische Kohlenstoffpumpe anzuregen. Zum anderen glauben einige Wissenschaftler, damit erklären zu können, wie sich der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre in der Vergangenheit verändert hat.

Zwei in den letzten fünf Jahren durchgeführte Studien belegen diese Vorstellung. Forscher konnten darin nachweisen, dass bei einer Düngung des Südpolarmeeres mit Eisen mehr Kohlendioxid zum Meeresgrund sinkt. Aber: „Die bisher gemachten Untersuchungen reichen nicht aus, um zu verstehen, welche Mengen Kohlenstoff unter dem Strich wirklich gebunden werden. Der vom Phytoplankton verfrachtete organische Kohlenstoff stellt nämlich nur ein Kapitel einer ausgesprochen komplexen Geschichte dar“, sagt Ian Salter vom Alfred-Wegener-Institut. „Das Phytoplankton dient auch als Nahrungsquelle für bestimmte Zooplanktonarten wie Foraminiferen und Flügelschnecken, die Kalkschalen bauen – ein Prozess, bei dem die Tiere Kohlendioxid freisetzen.“

Foraminiferen und Flügelschnecke Foraminiferen und Flügelschnecke (in der Mitte): Diese Kalkschalen bildenden Organismen reagieren auf die natürliche Eisendüngung. © Ralf Schiebel/ Universitié d'Angers, Frankreich und Ian Salter/ Alfred-Wegener-Institut

Foraminiferen und Flügelschnecke
Foraminiferen und Flügelschnecke (in der Mitte): Diese Kalkschalen bildenden Organismen reagieren auf die natürliche Eisendüngung. © Ralf Schiebel/ Universitié d’Angers, Frankreich und Ian Salter/ Alfred-Wegener-Institut

Der Wissenschaftler erforschte mit seinem Team den Tiefsee-Export der Kalkschalen in einem natürlich gedüngten Gebiet. Dazu führten sie Untersuchungen im Meer vor der Küste der Crozetinseln durch. An dieser südöstlich von Afrika gelegenen vulkanischen Inselgruppe gelangt auf natürliche Weise Eisen in den Ozean – und das mit überraschenden Folgen: Die natürliche Eisendüngung bewirkt, dass am Ende mehr Kalkschalen in die Tiefsee gelangen, als abgestorbenes Phytoplankton. Ein Prozess, der tiefgreifende Auswirkungen darauf hat, wie viel Kohlendioxid der Ozean bei verstärktem Algenwachstum speichern kann.

„Wenn diese Kalkschalen entstehen und zum Meeresgrund sinken, beeinflussen sie den Kohlendioxid-Haushalt der obersten Wasserschichten für Hunderte bis Tausende von Jahren. Unsere Untersuchungen lassen vermuten, dass der durch das Eisen angeregte Export der Kalkschalen dazu führt, dass in einer natürlich gedüngten Meeresregion zehn bis 30 Prozent weniger Kohlendioxid gespeichert wird als bisher angenommen. Wir wissen allerdings nicht, ob dies auch der Fall wäre, wenn ein Gebiet künstlich mit Eisen gedüngt wird“, erklärt Ian Salter.

Interessanterweise stellten die Forscher bei ihren Untersuchungen außerdem fest, dass der gestiegene Export von Kalkschalen nicht nur auf die größere Anzahl kalkbildender Organismen zurückzuführen ist. „In unseren Proben aus den Sedimentfallen haben wir vermehrt Arten gefunden, die größere Kalkschalen bauen und somit jeweils auch mehr Kohlendioxid freisetzen“, erklärt der Biogeochemiker. Eine Eisendüngung verändert also die Artenzusammensetzung eines Lebensraumes. Damit löst sie eine Kettenreaktion aus, die schließlich das Klima beeinflussen kann. „Es ist allerdings wichtig zu beachten, dass sich unsere Ergebnisse nur auf eine bestimmte Region im Südpolarmeer beziehen. Die Effekte der kalkbildenden Organismen können sehr unterschiedlich sein, je nachdem um welche Art es sich handelt und wo im Ozean sie leben“, sagt Ian Salter.

In Folgeprojekten will Ian Salter nun den Transport von Phytoplankton und Kalkschalen bildenden Organismen in weiteren, natürlich gedüngten Meeresgebieten untersuchen – zum Beispiel rund um die Inselgruppen der Kerguelen und Südgeorgien sowie im Arktischen Ozean, wo sich das zurückgehende Meereseis zusätzlich auf die biologische Kohlenstoffpumpe auswirken könnte.

Alfred-Wegener-Institut, 10. November 2014

 

Originalpublikation:

Ian Salter, Ralf Schiebel, Patrizia Ziveri, Aurore Movellan, Richard Lampitt & George A. Wolff. Carbonate counter pump stimulated by natural iron fertilization in the Polar Frontal Zone. Nature Geoscience. doi:10.1038/ngeo2285

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