Forscher passen ihre bereits in Deutschland umgesetzte Idee für ein umfassendes Wassermanagement an die Bedingungen in asiatischen Städten an: Für einen Küstenstreifen in der vietnamesischen Stadt Da Nang entwickeln sie ein Konzept zur Senkung des Wasserverbrauchs, zur Abwasserreinigung und zur Gewinnung von Dünger.
Die Verstädterung ist nach wie vor im vollen Gang. Besonders in Asien müssen Lösungen gefunden werden, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren und mit Wasser und Energie zu versorgen, sowie Abfälle möglichst clever wiederzuverwerten. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart haben jetzt in Vietnam ein von ihnen im Projekt DEUS 21 entwickeltes Konzept zur Abwasseraufbereitung angepasst, mit dem gleichzeitig auch die Wasser-, Energie- und Nahrungsmittelversorgung unterstützt wird.
Unter Federführung des von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) durchgeführten Projekts »Integriertes Ressourcenmanagement in asiatischen Städten: der urbane Nexus« wird die innovative Infrastruktur nun in einem von rund 200 000 Menschen bewohnten Küstenstreifen der vietnamesischen Stadt Da Nang umgesetzt. Dort sollen ab Herbst 110 Grundstücke an ein neuartiges Abwasserentsorgungsnetz angeschlossen werden. In dem Gebiet wohnen etwa 500 Menschen. Das Wasser fließt dort durch Vakuumleitungen, die deutlich kleinere Querschnitte als herkömmliche Rohre besitzen. Daher wird das Wasser dort mit Pumpen abgesaugt, ähnlich wie wir es bei Zügen und Flugzeugen kennen.
Bislang versickern die Abwässer Da Nangs oftmals ungereinigt in undichten Gruben. So können nicht nur Strände kontaminiert werden, sondern gleichzeitig bleibt auch die wertvolle Ressource Abwasser ungenutzt. Das wollen die Forscher nun ändern. Das Abwasser soll nun gemeinsam mit Küchenabfällen aus Hotels aufbereitet und damit Biogas gewonnen werden, mit dem die Hotelköche dann wieder kochen können. Das gereinigte Wasser soll in der städtischen Landwirtschaft eingesetzt werden, so dass die Bauern weniger Grundwasser anzapfen müssen. Denn in Trockenzeiten wird inzwischen so viel Grundwasser entnommen, dass es immer mehr durch nachfließendes Meerwasser zu versalzen droht. Darüber hinaus können die in dem aufbereiteten Abwasser enthaltenen Nährstoffe als natürlicher Dünger eingesetzt werden. So kann die Wasser-, Energie- und Ernährungsversorgung mit möglichst wenig Aufwand gewährleistet werden. Dabei erzielen die Forscher in jedem Bereich gute Ergebnisse, wie etwa beim Biogas: »Mit 45 Litern pro Einwohner und Tag lässt sich mit unserer Lösung etwa doppelt so viel Biogas produzieren, wie in herkömmlichen Kläranlagen in Deutschland«, sagt Gruppenleiter Dr. Marius Mohr vom IGB.
Selbst die Energie des Abwassers wird genutzt
Das Abwasser wird biologisch gereinigt. »Herzstück sind Anaerob-Bioreaktoren, in denen die organischen Bestandteile des Abwassers zu Biogas vergoren werden«, erklärt der Wassertechnologe. Die Bioreaktoren ließen sich auch mit einer Membranfiltration kombinieren. Alle größeren Partikel, auch die Bakterien, bleiben dann in den Bioreaktoren. Aus Kostengründen ist dies in Da Nang zunächst nicht vorgesehen.
Das Konzept DEUS 21 wurde entwickelt, um ein maximales Recycling des Abwassers und der darin enthaltenen Ressourcen zu gewährleisten. Das im Anaerob-Bioreaktor entstehende Biogas kann man außer zum Kochen auch für die Strom- und Wärmeversorgung, sowie zum Antrieb von Fahrzeugen nutzen. Weil das Abwasser auch nach der Aufbereitung noch relativ warm ist, lässt sich daraus zusätzlich Wärmeenergie gewinnen, mit der in Regionen mit kälterem Klima Haushalte über Nahwärmenetze versorgt werden können. »Als weiteres Produkt der Abwasserreinigung lässt sich durch Fällung und Ionenaustausch ein Stickstoff-Phosphor-Dünger aus dem Abwasser zurückgewinnen«, erklärt Mohr.
Das System ist in vielen anderen Regionen einsetzbar, vor allem dort, wo es noch keine Kanalisation samt Kläranlage gibt. Mohr erläutert: »Außerdem eignet es sich auch für den Export in Wassermangel-Gebiete, weil man es speziell auf die Bedürfnisse in trockenen und halbtrockenen Regionen anpassen kann.«
Frauenhofer Gesellschaft, 1.9.2015