Orang-Utans auf Sumatra: Population zwar größer als gedacht, aber dennoch bedroht

Die Orang-Utans auf Sumatra sind durch den Verlust ihres Lebensraums bedroht. © Perry van Duijnhoven

Die Orang-Utans auf Sumatra sind durch den Verlust ihres Lebensraums bedroht.
© Perry van Duijnhoven

Der Sumatra-Orang-Utan, eine der zwei existierenden Orang-Utan-Arten, lebt ausschließlich im Norden der indonesischen Insel Sumatra und ist vom Aussterben bedroht. Gründe hierfür liegen in der Wilderei, der Abholzung der Regenwäler und der Umwandlung ihres Lebensraums in Ackerfläche. Ein internationales Forscherteam hat nun umfangreiche Zählungen der Tiere durchgeführt. Dabei schätzten die Forscher den Bestand auf 14.600 Tiere in freier Wildbahn – 8.000 mehr als bisher vermutet. Eine gute Nachricht. Doch kommt die größere Zahl der Tiere nicht durch Vermehrung zustande, sondern nur durch die größere Reichweite der Erhebung. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass bis 2030 rund 4.500 Orang-Utans verschwinden, wenn die Abholzung ihres Lebensraums wie geplant voranschreitet. Deshalb fordern die Forscher die nationalen und lokalen Gesetzgeber Sumatras dazu auf, Schutzmaßnahmen umzusetzen, die die negativen Auswirkungen auf die Wälder, in denen Orang-Utans leben, eindämmen.

Für den Artenschutz einer bedrohten Tierart ist eine genaue Abschätzung der Populationsgröße unerlässlich. Aus diesem Grund führten die Forscher aus Europa und Indonesien umfangreiche Datenerhebungen im gesamten Lebensraum der Tiere durch. Dazu erfassten sie auf einer Gesamtstrecke von über 300 Kilometern die Zahl der Schlafnester: Insgesamt 3.000. Hochgerechnet auf ganz Sumatra würde das noch rund 14.600 Orang-Utans ergeben. Bei einer früheren Erhebung im Norden Sumatras hatte ein anderes Forscherteam die Zahl der wildlebenden Tiere auf 6.600 geschätzt. Damals wurden jedoch die Tiere nicht mitgezählt, die in höheren Lagen, in zum Teil abgeholzten Wäldern und in Gegenden westlich des Toba Sees leben.

Um die Auswirkungen zukünftiger Abholzungen auf die Sumatra-Orang-Utans zu beurteilen, simulierten die Forschen am Computer verschiedene Szenarien. Grundlage hierfür waren tatsächliche Landnutzungspläne. Diesen Simulationen zufolge könnten bis 2030 bis zu 4500 Orang-Utans verschwinden, wenn die vorliegenden Pläne umgesetzt würden. Obwohl die höhere Populationsschätzung eine gute Nachricht ist, muss dennoch damit gerechnet werden, dass die Zahl der Orang-Utans langfristig weiter abnehmen wird, sollte die Abholung im gegenwärtigen Tempo weitergehen.

Neue Bebauungspläne bedrohen Lebensraum der Orang-Utans

„Es ist fantastisch, dass es mehr Sumatra-Orang-Utans gibt, als wir dachten. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns zurücklehnen können“, sagt Serge Wich von der Liverpool John Moores Universität in Großbritannien. „Im Lebensraum der Orang-Utans sind zahlreiche Bebauungsprojekte geplant, die – wenn sie nicht verhindert werden – die Zahl dieser Menschenaffen in den kommenden Jahren drastisch reduzieren könnten.“

Wich ergänzt: „Wir werden weiterhin mit der indonesischen Regierung und anderen Akteuren zusammenarbeiten, damit dieses Szenario nicht eintritt. Eine große Aufgabe, aber wir alle hoffen, dass sich das Blatt für die Sumatra-Orangs-Utans zum Guten wendet.“ Den Forschern zufolge sollten für alle Bebauungsprojekte in den Wäldern der Orang-Utans Verträglichkeitsstudien durchgeführt werden, damit eine Beeinträchtigung ihres Lebensraums auf ein Minimum reduziert oder sogar gänzlich vermieden werden kann.

„Der Sumatra-Orang-Utan ist die erste Menschenaffenart, deren Populationsgröße nach genauer Betrachtung nach oben korrigiert werden konnte“, sagt Projektleiter Hjalmar Kühl vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). „Aufgrund der raschen Entwicklung neuer Feldforschungs- und Analysemethoden ist in den kommenden Jahren auch noch bei weiteren Menschenaffenarten mit Korrekturen der Populationsgröße nach oben oder unten zu rechnen. Das wird uns dabei helfen, den Akteuren aus Naturschutzpolitik und -management genauere Informationen zur Verfügung zu stellen, was sich dann wiederum positiv auf den Schutz der Menschenaffen auswirken wird.“

Max-Planck-Gesellschaft, 4. März 2016

 

Originalpublikation:

S. A. Wich, I. Singleton, M. G. Nowak, S. S. Utami Atmoko, G. Nisam, S. Mhd. Arif, R. H. Putra, R. Ardi, G. Fredriksson, G. Usher, D.L.A. Gaveau, H. S. Kühl. Land-cover changes predict steep declines for the Sumatran orangutan (Pongo abelii). Science Advances, 04. März 2016 DOI: 10.1126/sciadv.1500789

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