Die Folgen der Klimaerwärmung, wie Trockenheit und Starkregen bedrohen auch unsere Alpenwälder. Denn in den vergangenen 30 Jahren kam es zu einem signifikanten Humusverlust in den Bergwäldern der Bayerischen Alpen. Um die Schutzfunktion des Gebirgswaldes zu erhalten und Hochwasser abzumildern sollten artenreiche Mischwälder mit unterschiedlich alten Bäumen angelegt werden.
Der Humusvorrat ist für die Fruchtbarkeit, den Wasserhaushalt und die Nährstoffversorgung der Böden von zentraler Bedeutung. Denn bei höheren Temperaturen können im Boden vorhandene Mikroorganismen den im Humus gebundenen Kohlenstoff verstärkt freisetzen. Besonders in kühlen Gebirgslagen reagieren sie sehr empfindlich auf eine wärmere Witterung durch den Klimawandel. Damit verringert sich die Fähigkeit der Böden Kohlendioxid zu speichern und das freigesetzte Gas trägt zur Erderwärmung bei.
Forscher der Technischen Universität München haben nun untersucht, wie sich die Humusvorräte von Alpenböden in den vergangenen 30 Jahren entwickelt haben. Dazu analysierten sie 35 Gebirgswälder und Almwiesen.
Starker Humusverlust in Gebirgswäldern
Eine der Studien wurde in den Bayerischen Alpen auf einer Fläche von 4500 Quadratkilometern im Zeitraum zwischen 1986 und 2011 durchgeführt. Dabei wurden alle wichtigen Wald- und Bodentypen untersucht. Darüber hinaus untersuchten die Forscher typische Gebirgsfichtenwälder im Berchtesgadener Land auf einer Fläche von 600 Quadratkilometern ab den Jahr 1976 beobachtet.
„Überraschend war für mich, dass die Humusvorräte der Waldböden in nur drei Jahrzehnten derart stark und statistisch signifikant abgenommen haben“, sagt Jörg Prietzel vom Lehrstuhl für Bodenkunde an der Technischen Universität München. Den Forschern zufolge hat der Humusvorrat der Waldböden im Laufe ihrer Beobachtungen um durchschnittlich rund 14 Prozent abgenommen.
Am stärksten betroffen waren Böden auf Kalk- oder Dolomitgesteine. Sie büßten im Durchschnitt knapp ein Drittel ihrer Humusmasse ein. „Insgesamt fällt das Ergebnis bei beiden Untersuchungen trotz unterschiedlicher Herangehensweisen und Regionen nahezu identisch aus“, erklärt Jörg Prietzel. Da die untersuchten Waldflächen nicht forstlich genutzt wurden geht die beobachtete Veränderung vermutlich auf die Klimaerwärmung zurück.
Seit den 1970er-Jahren erwärmt sich das Klima in den Alpen
Die Wetterstationen in den Bayerischen Alpen haben in den vergangenen hundert Jahre, besonders jedoch in den letzten Jahrzehnte eine deutliche Klimaerwärmung registriert. „Besonders stark betroffen sind die Alpen im Berchtesgadener Land“, erläutert Jörg Prietzel. Dort ist die mittlere Lufttemperatur in den Sommermonaten besonders stark angestiegen. Doch in Regionen mit einer höheren Temperatur erwärmen sich auch die Böden stärker, was wiederum einen stärkeren Humusabbau zur Folge hat.
Kein Humusverlust auf Almwiesen
Die Almwiesenböden in den Berchtesgadener Alpen verloren dagegen in den vergangenen Jahrzehnten keinen Humus. Das liegt daran, dass sie von Natur aus ohnehin humusärmer sind, als die angrenzenden Waldböden.
Die Almwiesenböden waren vor dem Beginn der Almwirtschaft vor vielen Jahrenhunderten auch einmal bewaldet. Wie die Forscher vermuten, verloren sie einen wesentlichen Teil ihres ursprünglichen Humusvorrats bereits relativ bald nach der Rodung der Wälder. Der noch vorhandene Humus liegt bei ihnen nicht, anders als bei den meisten Waldböden, als „Auflagehumus“ auf dem Boden auf. Sondern er befindet sich in tieferen Bodenschichten und ist dort stärker vor dem Zugriff humusabbauender Mikroorganismen geschützt.
Artenreiche Alpenwälder als Abhilfe
Da auch in den Alpen weiterhin mit wärmeren Sommern und extremeren Wetterphänomenen zu rechnen ist, wird es vermehrt zu längeren Trockenperioden, aber auch zu Starkregen kommen. Eine mächtige, wasserspeichernde Humusschicht kann die Auswirkungen solcher Extremwetterlagen auf den Gebirgswald und die Gebirgslandschaft abmildern. Sie ist dazu in der Lage Wasser für die Bäume und die alpine Flora zu speichern und damit auch Hochwasser nach Starkniederschlägen zu reduzieren. Doch damit der Humus diese Aufgaben weiterhin erfüllen kann, muss der durch die Klimaerwärmung verursachte Humusschwund gebremst werden und aktiv auf einen Wiederaufbau der Hummusschicht hingearbeitet werden.
Das gelingt nur mit „resilienten“, gegen Extremereignisse gewappneten Gebirgswäldern. Sie zeichnen sich durch eine Mischung unterschiedlich alter Bäume möglichst vieler verschiedener Baumarten aus. Die Bäume solcher Wälder liefern ständig humusbildende Streustoffe, wie etwa Blätter, Nadeln, Wurzeln oder Reisig und halten selbst in heißen Sommern ein konstant kühles „Waldklima“ aufrecht, was den Humusabbau durch Bodenmikroorganismen verlangsamt. Außerdem wirken sie erosionsbedingten Humusverluste durch Starkregen, Schneegleiten oder Lawinen entgegen.
Technische Universität München, 21. Juni 2016
Originalpublikation:
Jörg Prietzel, Lothar Zimmermann, Alfred Schubert and Dominik Christophel: Organic matter losses in German Alps forest soils since the 1970s most likely caused by warming, Nature Geoscience 13. Juni 2016. DOI: 10.1038/NGEO2732