Der Klimawandel erwärmt auch das Wasser der Ozeane und verändert die Zirkulation der Weltmeere. Dadurch kann das Oberflächenwasser weniger Sauerstoff aufnehmen und diesen in die Tiefen der Ozeane transportieren. Das hat weitreichende Folgen für alle Meeresbewohner, wie Forscher nun belegen konnten.
Vor rund 2,4 Milliarden Jahren lösten Bakterien durch die Bildung großer Mengen an Sauerstoff die Große Sauerstoffkatastrophe aus. Da die damaligen Mikroorganismen an diesen hochreaktiven Stoff noch nicht angepasst waren wirkte er toxisch auf sie. Die Lebewesen, die diesen Sauerstoffschock überlebten passten sich an die Gegenwart von Sauerstoff so gut an, dass er für sie lebenswichtig wurde. Inzwischen benötigen fast alle Organismen, ob sie nun an Land oder im Wasser leben, Sauerstoff für ihre Stoffwechselprozesse. Doch der zu beobachtende Anstieg der Wassertemperaturen in den Ozeanen führt in zweierlei Weise zu einer verminderten Sauerstoffversorgung der Meere. Wärmeres Oberflächenwasser kann weniger Sauerstoff aufnehmen, als kälteres Wasser. Darüber hinaus stabilisiert es auch noch die Schichtung des Wassers. Das schwächt die Umwälzbewegungen, die normalerweise dafür sorgen, dass sauerstoffreiches Wasser in tiefere Schichten transportiert wird. Daher sagen viele Simulationen bei einer weltweiten Erwärmung eine Abnahme des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen voraus. Um diese Berechnungen mit realen Messwerten abzugleichen hat ein Forscherteam um Martin Visbeck am GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel nun globale historische Messungen in vielen Meeresregionen ausgewertet. Dabei fanden die Forscher ihre Befürchtungen bestätigt.
Demnach hat in den vergangenen 50 Jahren der Sauerstoffgehalt um mehr als zwei Prozent abgenommen. „Da insbesondere große Fische Gebiete mit geringem Sauerstoffgehalt meiden beziehungsweise dort nicht überleben, können diese Veränderungen weitreichende biologische Folgen haben“, sagt Sunke Schmidtko.
Für ihre Analyse wollten die Forscher die Entwicklung des Sauerstoffgehalts in den Ozeanen über ein halbes Jahrhundert hinweg rekonstruiere. Dazu nutzen sie alle weltweit vorhandenen Sauerstoffdaten, ergänzten sie durch aktuelle Messungen und verfeinerten ihre Simulationsverfahren. Von einzelnen Gebieten wussten die Forscher bereits durch vorangegangene Beobachtungen, dass in den oberen Wasserschichten weniger Sauerstoff verfügbar war, als noch vor wenigen Jahrzehnten. „Für den gesamten Ozean war dieser Nachweis aber schwieriger, da viel weniger Sauerstoff-Messdaten aus entlegenen Regionen und aus dem tiefen Ozean existieren“, erklärt Schmidtko, „Wir konnten jetzt zum ersten Mal die Sauerstoffverteilung und deren Änderung im gesamten Weltozean dokumentieren – das ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Prognosen für den Ozean der Zukunft zu verbessern“.
Außer in einigen wenigen Regionen sank der Sauerstoffgehalt der Weltmeere im Untersuchungszeitraum global. Wobei dieser Effekt im Nordpazifik besonders ausgeprägt war. „Während die geringe Sauerstoffabnahme in der Atmosphäre zurzeit als unkritisch angesehen wird, kann die Sauerstoffabnahme im Ozean wegen der ungleichmäßigen Verteilung durchaus weitreichende Konsequenzen haben. In fischreichen küstennahen Gebieten wären diese Konsequenzen ökologisch, aber auch wirtschaftlich zu spüren“, betont Lothar Stramma.
„Mit Messungen alleine können wir allerdings nicht sämtliche Ursachen erklären“, räumt Martin Visbeck ein, „auch natürliche Prozesse, die auf Zeitskalen von einigen Jahrzehnten auftreten, könnten an der beobachteten Abnahme mit Schuld sein.“ Das Ergebnis bestätige jedoch die meisten Simulationen: Sie prognostizieren wegen der steigenden Kohlendioxid-Mengen und der damit verbundenen Erwärmung der Ozeane und der Atmosphäre eine weitere Abnahme des Sauerstoffs in den Meeren.
Universität Kiel, 16. Februar 2017
Originalpublikation:
Schmidtko, S., L. Stramma und M. Visbeck (2017): Decline in global oxygen content during the past five decades. Nature, doi: 10.1038/nature21399