Seit ein paar Jahren sind die Wölfe nach Deutschland zurückgekehrt. Zum Schutz der Tiere muss ihre Abstammung, Ausbreitung und genetische Vielfalt, sowie die Verursacher von gerissenen Tieren erfasst werden. Das kann man am besten über die genetische Identität der Tiere erreichen. Wissenschaftler haben nun eine neue Methode entwickelt, mit deren Hilfe der „genetischen Fingerabdruck“ einzelner Wölfe schneller und einfacher, als bisher gewonnen werden kann. Die neue Technik könnte auch beim genetischen Monitoring weiterer Tierarten eingesetzt werden.
Der Wolf ist nach Deutschland zurückgekehrt – und mit ihm viele Ängste, Unsicherheiten und Sorgen. Jäger, Landwirte und die Bevölkerung stehen der Rückkehr des scheuen Wildtieres häufig kritisch gegenüber. „Umso wichtiger ist ein gutes Wolfsmanagement“, erklärt Dr. Carsten Nowak, Leiter des Fachgebietes Naturschutzgenetik am Senckenberg Forschungsinstitut und ergänzt: „Und hierzu brauchen wir Informationen über die Ausbreitung, Herkunft und genetische Diversität der Tiere.“
Seit dem Jahr 2009 dient das Senckenberg Insitut deshalb als Referenzzentrum für Wolfsgenetik in Deutschland. „Wir erhalten Wolfs-DNA aus ganz Deutschland und darüber hinaus“, erzählt Nowak. Seine Kollegin, Verena Harms untersuchte das Erbgut der Raubtiere bisher anhand sogenannten Mikrosatelliten – kurzen, nichtcodierenden DNA-Sequenzen.
Nun hat das Team rund um Nowak eine neue genetische Methode zur Erfassung von Wolfsspuren entwickelt. „Wir haben in einer ersten Testreihe sogenannte SNPs genutzt, um das Erbgut der Wölfe zu charakterisieren“, erläutert Dr. Robert Kraus, Leitautor der Studie.
SNPs sind „Punktmutationen“, also Veränderungen einzelner Basenpaare in einem DNA-Strang. Diese SNPs sind für jedes einzelne Tier anders. Über diesen genetischen Fingerabdruck kann man einzelne Tiere voneinander unterschieden. Da jedes Tier einen Teil seiner SNPs an seine Nachkommen weiter gibt lassen sich mit dieser Methode auch Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Tieren bestimmen. Gegenüber den bisher eingesetzten Methoden zur Identifikation einzelner Wölfe lassen sich SNPs in besserer Qualität und zuverlässiger erheben. „Die Datenerhebung und -analyse, sowie der Datenaustausch könnten somit in Zukunft deutlich einfacher von der Hand gehen als die gleichen Vorgänge bei den zur Zeit verwendeten Mikrosatelliten“, meint Kraus.
Um die Vorgehensweise zu testen, haben die Wildtiergenetiker 158 Wolfsproben, wie Haare, Blut, Kot oder Speichel gewonnen und daraus DNA extrahiert. Das Wissenschaftlerteam hofft, dass die neue Methode einen standardisierten Austausch zwischen verschiedenen Laboren ermöglichen wird. Ziel ist ein internationales genetisches Wildtiermonitoring.
„Das ist wichtig, weil sich Wölfe nicht an Staatsgrenzen halten“, sagt Nowak und ergänzt: „Der im Jahr 2012 erschossene Wolf aus dem Westerwald stammte beispielsweise aus dem Alpenraum.“ Genetische Analysen hatten gezeigt, dass der „Westerwaldwolf“ identisch mit dem auf „Pierre-Luigi“ getauften Wolf aus Südeuropa war, der ein Jahr zuvor in Hessen angefahren worden war.
Solch weite Wanderungen werden bei Wölfen regelmäßig dokumentiert und „unterstreichen die Bedeutung einer länder- und staatenübergreifenden Vernetzung der Wolfsexperten“, vervollständigt Nowak.
„Der Wolf ist das erste Tier, das wir mit der neuen Methode der SNP-Marker bearbeiten. Sollte das Pilotprojekt erfolgreich sein – und danach sieht es aus – werden wir auch weitere Wildtiere, wie Wildkatzen, Biber, Fischotter und Braunbären aufnehmen“, gibt Kraus einen Ausblick auf die weitere Arbeit.
Senkenberg Gesellschaft für Naturforschung
Robert H.S. Kraus, Bridgett von Holdt, Berardino Cocchiararo, Verena Harms, Helmut Bayerl, Ralph Kühn, Daniel W. Förster, Jörns Fickel, Christian Roos and Carsten Nowak (2014): A SNP-based approach for rapid and cost-effective genetic wolf monitoring in Europe based on non-invasively collected samples. Mol Ecol Resour 1755-0998. doi/10.1111/1755-0998.12307